KI politisch endlich ernstnehmen
Veranstaltungen#ZEWlive zum EFI-Jahresgutachten 2024
Prof. Dr. Irene Bertschek, Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Digitale Ökonomie“ und stellvertretende Vorsitzende der Expertenkommission Forschung und Innovation (EFI) stellte in einer neuen Ausgabe der digitalen Reihe #ZEWlive am 12. März 2024 das EFI Jahresgutachten 2024 vor. Im Fokus stand der Themenkomplex Künstliche Intelligenz (KI).
Anschließend diskutierte sie die Kernergebnisse mit Dr. Andreas Liebl. Er kommentierte die Ergebnisse aus seiner Perspektive als Gründer und Geschäftsführer der appliedAI Initiative GmbH in München, die das Ziel verfolgt, Unternehmen als eine Art „Personal Trainer“ zu unterstützen, um sie fit für KI zu machen.
EFI Gutachten 2024: KI ist Schlüsseltechnologie
Zunächst stellte Bertschek die KI-bezogenen Kernergebnisse des EFI-Gutachtens vor. KI sei als Schlüsseltechnologie für die Transformation der Wirtschaft hoch relevant und habe großes Potenzial für Innovation und Wachstum. China und die USA dominieren die Technologieentwicklung, während Deutschland und die EU27 zurückfallen. Da es in Europa keine großen Tech-Unternehmen gibt, brauche es ein KI-Ökosystem mit Impulsen aus der Wissenschaft, von KMU und Start-ups. Die Grundlagenforschung in Deutschland sollte mit Nachdruck weiter unterstützt werden.
In Deutschland und Europa mangele es an der Infrastruktur. So blieben die in Europa zur Verfügung stehenden Rechenkapazitäten hinter denen in den USA zurück. Es brauche daher staatlich-private Kooperationen, um in bessere Infrastruktur zu investieren. Außerdem sei ein für Deutschland spezifisches Hemmnis die strikte Auslegung des Datenschutzes, auch im Vergleich zu anderen europäischen Staaten, die derselben Datenschutzgrundverordnung unterliegen. Deutschland müsse daher seine Datenstrategie konsequent umsetzen, da KI-Modelle auf Basis von Daten trainiert und angewandt werden.
Es gelte außerdem, Kompetenzen für KI auf- und auszubauen – nicht nur für die Entwicklung von KI, sondern auch für den Umgang mit dieser Technologie. Dass Deutschland dem AI Act der EU zugestimmt hat, sei richtig. Aufgrund der dynamischen technologischen Entwicklung müsse allerdings Raum für regulatorisches Lernen gelassen werden, um so den AI Act im Laufe der Zeit anpassen zu können.
KI-Infrastruktur muss Bedarfe der Unternehmen decken
Laut Liebl gäbe es in China groß skalierte Anwendungen von KI in Unternehmen. Die Technologie sei dort viel stärker verbreitet als in Deutschland. In der chinesischen Wirtschaft werde KI weit professioneller eingesetzt. Allerdings sei China bei KI nicht innovativer als Deutschland. Technologieführer bei KI seien eindeutig die USA mit einer ausgeprägten Tech-Szene und strategisch platzierten Start-ups.
Die bereits jetzt in Deutschland zur Verfügung stehenden öffentlichen Rechenzentren, die meist von Forschungseinrichtungen betrieben werden, entsprechen laut Liebl nicht immer den Anforderungen, die ein KI-Unternehmen hat. Wenn also strategisch eine öffentliche Infrastruktur ausgebaut werden soll, dann müsse darauf geachtet werden, dass die Bedarfe von Unternehmensseite beachtet werden.
Politik muss KI endlich ernst nehmen
Liebl forderte, dass das Thema KI als Schlüsseltechnologie begriffen und auf politischer Ebene entsprechend ernstgenommen wird. Insgesamt fehle es an politisch definierten Erfolgskennzahlen, so genannten Output-Key-Performance-Indicators. Ähnlich, wie heute kein Unternehmen mehr ohne elektrischen Strom und Internet auskommt, werde auch KI zu einer grundlegenden Voraussetzung, um wettbewerbsfähig zu sein. Jeder müsse sich mit KI auseinandersetzen, bereits in der Schul- und Hochschulbildung, und insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass Deep Fakes in einem Europa-Wahljahr wie 2024, starken Einfluss nehmen könnten. KI dürfe dabei allerdings nicht über andere politische Ziele gestellt werden, sondern müsse als Mittel zum Zweck verstanden werden, um andere wichtige Gesellschaftsherausforderungen zu meistern, wie der Klimawandel oder die Energiewende.