Fortschrittsbericht wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute über die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland

Fortschrittsbericht wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsinstitute über die wirtschaftliche Entwicklung in Ostdeutschland

Auftraggeber/Zuwendungsgeber

Bundesministerium für Finanzen

Zeitraum: 01.08.2001 – 30.09.2003

Das Forschungsprojekt stellt Berichterstattung über den ökonomischen Fortschritt in den neuen Bundesländern dar. Der Beitrag des ZEW setzte sich aus drei Modulen zusammen: einer Evaluierung der aktiven Arbeitsmarktpolitik, einer Wirkungsanalyse der Forschungs- und Technologiepolitik sowie einer Bewertung der Effekte von Risikokapitalfinanzierungen bei Unternehmensgründungen in den neuen Ländern. Damit liegt der Schwerpunkt der Berichterattung des ZEW in einer Analyse der Auswirkungen zentraler politischer Instrumente, die im Zuge des Transformationsprozesses der ostdeutschen Wirtschaft eingesetzt wurden, um den Aufholprozess zu den alten Ländern der Bundesrepublik zu beschleunigen. Die wichtigsten Ergebnisse der Studien sind im Einzelnen:

a) Innovationsvationsförderung und Risikokapitalfinanzierung:Auf der Inputseite des Innovationsprozesses sind die Unterschiede zwischen ost- und westdeutschen Unternehmen gering. Die Innovationseffizienz ist hingegen schwächer als in Westdeutschland. Die Innovationsförderung kann deshalb nicht uneingeschränkt als Erfolg gesehen werden, weil das hohe Niveau an Forschungs- und Innovationsaktivitäten in ostdeutschen Unternehmen eben vor allem Reflex der intensiven Förderung ist, was Zweifel an der Dauerhaftigkeit der geförderten Innovationspotenziale weckt. Aus technologiepolitischer Sicht gibt es keine Rechtfertigung für eine ostdeutschland-spezifische Innovationsförderung - vielmehr sollten knappe öffentliche Mittel für Forschung- und Entwicklung nicht als Instrumente einer ausgleichsorientierten Regionalpolitik eingesetzt werden, sondern dort, wo der höchstmögliche wissenschaftliche Ertrag zu erwarten ist. Soll es wiederum primär um den Ausgleich von Marktunvollkommenheiten gehen - so indem kleine und mittlere Unternehmen für ihre Schwierigkeiten bei der Aufnahme von Finanzierungsmitteln für FuE-Vorhaben entschädigt werden - so spricht dies für eine bundesweit einheitliche, nicht für eine ostdeutschland-spezifische Förderung. Als einzige Rechtfertigung für eine ostdeutschland-spezifische Förderung bliebe das Ziel, die Wirtschaftsentwicklung in einer strukturschwachen Region zu unterstützen. Als zielgerichtet kann eine solche Förderung aber dann nur gelten, wenn sie tatsächlich zu einer Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der geförderten Unternehmen beiträgt.Über die direkte Innovationsförderung hinaus ist die Bereitstellung von Risikokapital ein Weg, den Finanzbedarf junger innovativer Unternehmen zu decken. Da privatwirtschaftlich agierende Risikokapitalgeber relativ hohe Anforderungen an die zu erwartende Rendite stellen, ist die Inanspruchnahme von Risikokapital am Markt nur für eine kleine Gruppe junger Unternehmen ein geeignetes Finanzierungsinstrument. In Ostdeutschland - wo diese Renditeanforderungen häufig nicht erfüllt werden - sollen öffentliche Förderprogramme und das Engagement öffentlich-rechtlicher Risikokapitalgesellschaften die fehlende Bereitschaft privater Mittelgeber zu einem Engagement teilweise kompensieren helfen. Öffentlich-rechtliche Risikokapitalgeber sind deswegen in Ostdeutschland vergleichsweise häufig, allerdings noch unzureichend auf technologisch wichtige Branchen ausgerichtet. Günstig wäre es, wenn stärker als bisher öffentlich-rechtliche und private Risikokapitalgeber sich gemeinsam engagieren, weil auf diese Weise verhindert werden kann, dass sich bei den öffentlichen Kapitalgebern die "schlechten" Risiken sammeln. Zwar würden dann vermutlich im Ganzen weniger Projekte finanziert werden; auf der anderen Seite sollte jedoch aufgrund der höheren Projektqualität die Zahl der Beteiligungsfälle geringer ausfallen, sodass in der Summe ein höherer Rückfluss an Finanzmitteln erfolgt, die für erneute Förderungen zur Verfügung stehen dürfte.

b) Aktive Arbeitsmarktpolitik:Vom ZEW wird eine aggregierte Wirkungsanalyse der aktiven Arbeitsmarktpolitik auf der Basis von Regionaldaten durchgeführt. Es werden die drei umfangreichsten Maßnahmen, nämlich geförderte berufliche Weiterbildung sowie Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen, bezüglich ihrer Beschäftigungseffekte evaluiert. Aufgrund potenzieller indirekter Effekte von Aktiver Arbeitsmarktpolitik (AAMP) auf Nichtteilnehmer, ist die Evaluation von umfangreichen Maßnahmen mit Hilfe aggre-gierter Daten unerlässlich. Es kann über verschiedene Kanäle (Wettbewerbsverzerrun-gen, aggregierte Lohneffekte, Steuerbelastung, Substitution von geförderten Arbeitnehmern durch nichtgeförderte, Umschichtung öffentlicher Mittel) zu einer Beeinflussung regulärer Beschäftigung im selben oder auch in anderen Unternehmen kommen. Je umfangreicher eine Maßnahme ist, desto wahrscheinlicher sind indirekte Effekte. Aus diesem Grund ist eine Bewertung AAMP basierend auf aggregierten Daten in den neuen Bundesländern, wo ein relativ großer Teil der Erwerbspersonen an AAMP teilnimmt bzw. teilgenommen hat, besonders wichtig.Anders als bei der mikroökonomischen Evaluation haben sich bei aggregierten Analysen jedoch noch keine "Standardverfahren" zur Ermittlung kausaler Effekte der AAMP durchgesetzt. Deshalb erscheint es ratsam, unterschiedliche Ansätze heranzuziehen. Alle aggregierten Evaluationsstudien stehen jedoch mindestens vor zwei grundlegenden methodischen Problemen: (1.) Das sogenannte Simultanitäts- oder Endogenitätsproblem basiert darauf, dass der Einsatz AAMP nicht exogen bezüglich der (regionalen) Arbeitsmarktsituation ist, d.h. der Einsatz AAMP ist eine Reaktion auf die Arbeitsmarktsituation. Wird dies nicht adäquat berücksichtigt, führt dies zu einer verzerrten Schätzung des Maßnahmeerfolgs. (2.) Teilnehmer an Maßnahmen AAMP sind in der Regel nicht als Arbeitslose registriert, und ABM- und SAM-Teilnehmer sind sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Damit sind sie in vielen Erfolgsvariablen, die durch den Einsatz AAMP eigentlich erklärt werden sollen (Aufnahme von Beschäftigungsverhältnissen, Arbeitslosenquote, Niveau der Beschäftigung), direkt enthalten. Wird dies nicht berücksichtigt kommt es ebenfalls ganz offensichtlich zu einer verzerrten Schätzung. Beide Probleme werden in dem Forschungsprojekt berücksichtigt. Außerdem werden, um zu belastbaren und aussagekräftigen Ergebnissen zu kommen, drei unterschiedliche Ansätze genutzt. Dabei handelt es sich die Schätzung einer erweiterten aggregierten Matching-Funktion, einer erweiterten Beveridge-Kurve sowie einer dynamischen Arbeitsnachfrage (nach regulärer Beschäftigung). Als Ergebnisvariablen werden somit die Aufnahme regulärer Beschäftigung, die Unterbeschäftigungsquote sowie das Niveau der regulären sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung harangezogen.

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Alexander Spermann

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Georg Licht

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Dirk Czarnitzki

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