ZEW Energiemarktbarometer - Experten erwarten mittelfristig Anstieg der Energiepreise auf breiter Front
ForschungIndustrielle Energieverbraucher, vor allem energieintensive Unternehmen – etwa in der chemischen Industrie oder in der Stahl- oder Aluminiumproduktion –, größere Gewerbebetriebe, Kommunen oder andere Letztverbraucher mit hohem Energiebedarf müssen sich auf steigende Kosten für Strom, Erdgas, Öl und Kohle in den kommenden Jahren einstellen. Kurzfristig, also bis etwa gegen Ende 2011, ist dagegen, außer beim Strom, von einem eher stabilen Preisgefüge bei den genannten Energieträgern auszugehen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter rund 200 Energiemarktexperten. Sie wurden im Rahmen des ZEW Energiemarktbarometers zu den kurz- und mittelfristigen Trends bei den Energiepreisen für Großkunden befragt.
Vor dem Hintergrund der Energiewende in Deutschland hat das Lager der vom ZEW halbjährlich befragten Experten, die mit einem Anstieg der Energiepreise in den kommenden fünf Jahren rechnen, weiteren Zulauf erhalten. So gehen in Bezug auf Strom mittlerweile 93 Prozent der Befragten davon aus, dass die Preise für Großkunden bis zum Jahr 2016 weiter steigen werden. Gut 85 Prozent erwarten für den gleichen Zeitraum eine Erhöhung der Preise für Erdgas und 76 Prozent für Kohle. Nur beim Rohöl ist der Anteil der Experten, die mittelfristig Preissteigerungen erwarten, seit der Befragungsrunde des ZEW Energiemarktbarometers vom November 2010 von 91 Prozent auf 84 Prozent zurück gegangen.
Auf die kurze Frist, also bis etwa Ende 2011, erwarten die Energiemarktexperten dagegen mehrheitlich stagnierende Energiepreise. Eine Ausnahme bildet allein der Strompreis. Hier erwarten bereits in den kommenden Monaten 51 Prozent der Befragten einen Anstieg. Das sind neun Prozent mehr als bei der Befragung Ende 2010. Diese Entwicklung könnte eine erste Konsequenz aus der Diskussion über den Atomausstieg und seine Folgen für die Strompreise sein.
"Unter den Energiemarktexperten herrscht offenbar mehrheitlich Einigkeit darüber, dass aufgrund der Energiewende Energie, vor allem Strom, in Deutschland teurer werden wird", sagt Prof. Dr. Andreas Löschel, Leiter des Forschungsbereichs Umwelt- und Ressourcenökonomik, Umweltmanagement am ZEW. "Gerade Großabnehmer und damit eben auch energieintensiven Industrieunternehmen drohen somit zusätzliche Energiekostenbelastungen. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit solcher Unternehmen nicht zu gefährden, ist daher eine Umsetzung der Energiewende mit Augenmaß erforderlich. Mit Blick auf die Sicherung von Arbeitsplätzen sollte jedenfalls vermieden werden, dass die Energiepreise zum Lockmittel für Standortverlagerungen energieintensiver Betriebe werden."
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Prof. Dr. Andreas Löschel, Telefon 0621/1235-200, E-Mail loeschel@zew.de
Das ZEW Energiemarktbaromter
Das ZEW Energiemarktbarometer ist eine halbjährliche Befragung von rund 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis (Energieversorgungs-, -handels- und -dienstleistungsunternehmen, Regionalversorgern ebenso wie EVU und Ökostromunternehmen). Sie werden zu ihren Erwartungen hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Entwicklungen auf den nationalen und internationalen Energiemärkten befragt. Die vollständigen Ergebnisse der aktuellen Befragung (Befragungszeitraum: April 2011) werden in den ZEWnews Juli/August 2011 erscheinen.