ZEW-Umfrage unter Finanzmarktexperten: Euro braucht Strukturreformen und keine Zinserhöhung der EZB

Forschung

Der Euro ist auf einem Niveau von etwas mehr als 90 Cents gegenüber dem Dollar fundamental unterbewertet. Dennoch kann bezüglich der weiteren Entwicklung seines Wechselkurses keine Entwarnung gegeben werden. Eine Intervention der Europäischen Zentralbank zur Stützung des Euro wäre indessen der falsche Weg, um einem möglichen weiteren Kursverlust entgegenzuwirken. Dies ist die Ansicht von 400 Finanzmarktexperten, die in einer aktuellen Umfrage des ZEW um eine Stellungnahme zum Euro gebeten wurden.

In der Umfrage erklärten 70 Prozent der Experten, dass der Mangel an Reformen zur Lösung der europäischen Strukturprobleme die stärkste Belastung für den Wechselkurs des Euros darstelle. Es herrscht die Ansicht, dass die Produktivitätsfortschritte und die Flexibilität der Güter- und Arbeitsmärkte jenseits des Atlantiks nach wie vor größer seien als in Euroland. Sorge bereitet den Befragten aber auch die unzureichende fiskalpolitische Disziplin in vielen Ländern, die an der EWU beteiligt sind.

Als weiteren wichtigen Einflussfaktor, der den Euro unter Abwertungsdruck setzt, wird von über der Hälfte der Befragten eine unterschiedliche Konjunkturdynamik in USA und Euroland gesehen. Im Gegensatz zu den USA dümpelte die europäische Wirtschaft lange dahin und kommt erst jetzt langsam in Fahrt. Dabei ist ein schwacher Euro für die exportorientierte Wirtschaft in Euroland hilfreich. Die jüngste Euro-Zuversicht rührt wahrscheinlich aus der Erwartung einer stärkeren Annäherung der Konjunkturzyklen zwischen Euroland und den USA.
Da Strukturprobleme nach Ansicht der befragten Experten die wesentliche Ursache der Euro-Schwäche sind, geben 80 Prozent von ihnen der EZB den Rat, keine Zinserhöhungen oder Devisenmarktinterventionen vorzunehmen, um auf die Euro-Schwäche zu reagieren.

Letztlich könnten solche Interventionen der EZB die konjunkturelle Erholung in Euroland abwürgen - ohne dass sie den Außenwert des Euros entscheidend verbessern würden. Aus Sicht der Experten bleibt somit nur die Empfehlung an die Geldpolitik, sich ausschließlich an der Preisniveaustabilität zu orientieren und die Devisenmärkte durch konsistentes Handeln von den Perspektiven des Euro zu überzeugen.

Ansprechpartner

Carlo Beck, E-Mail: beck@zew.de