Fortführung der Ökosteuerreform - Kaum Verbesserungen für die Umwelt

Forschung

Umweltsteuern sind ein wichtiges, weil kosteneffizientes Instrument, um Anreize für ein umweltgerechteres Wirtschaften zu geben. Die Ökosteuerreform in Deutschland wird dieser Zielsetzung jedoch nicht gerecht. Die Kompensationsregelung für das Produzierende Gewerbe, die im Gesetz enthalten ist, beschränkt in erheblichem Maße die Anreizwirkung zur Energieeinsparung beziehungsweise Schadstoffverringerung und macht Umweltschutz teurer, als es aus gesamtwirtschaftlicher Sicht notwendig wäre. Bei "neuen", nach 1998 gegründeten ener-gieintensiven Unternehmen des Produzierenden Gewerbes wirkt die Ökosteuerreform sogar einem ihrer wesentlichen Ziele, Anreize für mehr Beschäftigung zu geben, entgegen, indem sie Entlassungen nahelegt. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Analyse des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim.

Das Gesetz zur Ökosteuerreform sieht vor, Unternehmen des Produzierenden Gewerbes eine Vergütung zu zahlen, sofern ihre Steuer auf Strom und Heizstoffe mehr als 1.000,- DM pro Kalenderjahr und mehr als das 1,2-fache der Entlastung durch die Senkung der Arbeitgeberanteile zur gesetzlichen Rentenversicherung beträgt. Vergütet wird der Differenzbetrag zwischen der gezahlten Energiesteuer und dem 1,2-fachen des Betrags, um den das Unternehmen durch die Senkung der Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung entlastet wird. Die effektive Steuerlast eines energieintensiven Unternehmens hängt somit von dessen Energieverbrauch gar nicht ab. Es kann seine Steuerschuld durch eine kleine Verringerung seines Energieeinsatzes auch nicht reduzieren. Erst dann, wenn der Energieverbrauch so stark eingeschränkt wird, daß die Erstattung nicht mehr greift, sinkt die Steuerlast. Die ökologische Lenkungswirkung der derzeitigen Ökosteuer ist deshalb auf die Unternehmen beschränkt, deren Energieverbrauch unter dem oben genannten Schwellenwert liegt beziehungsweise besteht nur für die Unternehmen, die ihn unter den Schwellenwert senken können.

Durch die Erhöhung der Steuersätze verschärft die zweite Stufe der ökologischen Steuerreform dieses Problem. Da die Energiesteuer Anfang 2000 erneut angehoben wird, wird es auch mehr Unternehmen geben als 1999, die eine Erstattung erhalten und für die der Anreiz zur Energieeinsparung somit entfällt. Auch bei den weiteren Stufen der Ökosteuerreform wird dieser Effekt immer wieder zu beobachten sein.

Um die Beschäftigungswirkung der anstehenden Fortführung der Ökosteuerreform richtig einschätzen zu können, ist es wichtig, die Kompensationsregelung näher zu betrachten. So wird zur Berechnung der Entlastung durch die Senkung der Arbeitgeberanteile zur Rentenversicherung die Differenz zwischen dem Beitragssatz im Jahr des Antrags auf Erstattung der Strom- beziehungsweise Mineralölsteuer und dem Beitragssatz im Jahre 1998 auf eine Beitragsbemessungsgrundlage angewandt. Bei "alten" Unternehmen, die vor 1998 gegründet wurden, wird die Beitragsbemessungsgrundlage des Kalenderjahres 1998 herangezogen, bei den "neuen", nach 1998 gegründeten Unternehmen dagegen die des Antragsjahres.

Bei energieintensiven Unternehmen wird, wie vorab gezeigt, die Höhe der Steuer durch die berechnete Entlastung bestimmt. Bei einem "alten" Unternehmen hängt diese und damit die Belastung durch die ökologischen Steuern ausschließlich von der historischen Beitragsbemessungsgrundlage von 1998 und den gesetzlich fixierten Beitragssätzen ab. Ein solches Unternehmen kann seine Belastung durch die ökologischen Steuern deshalb weder durch veränderten Energieeinsatz noch durch eine Veränderung der Beschäftigung reduzieren. Es handelt sich um eine Pauschalsteuer. Berücksichtigt man die tatsächliche Entlastung durch die Reduktion der Lohnnebenkosten, so verbleibt einzelwirtschaftlich ein Anreiz zu einer Beschäftigungssteigerung, der jedoch gegebenenfalls durch die gesamtwirtschaftliche Lohnveränderung konterkariert wird.

Für die Steuerbelastung "neuer", energieintensiver Unternehmen des Produzierenden Gewerbes dagegen ist ein negativer Beschäftigungseffekt offensichtlich. Für sie ist die aktuelle Beitragsbemessungsgrundlage der Rentenversicherung relevant, die wiederum direkt von der Zahl der Beschäftigten im Unternehmen abhängt. Die Strom- und Mineralölsteuer kann ein neues Unternehmen also mindern, indem es die Beschäftigung senkt. Dieser Anreiz bleibt auch bestehen, wenn man die laufende Entlastung bei der Rentenversicherung saldiert, denn es ergibt sich immer noch eine Nettobelastung aus ökologischen Steuern und Rentenversicherungsbeiträgen in Höhe des 0,2-fachen dieser Entlastung. Durch die Kompensationsregelung mutiert die Umweltsteuer somit für neue Unternehmen zu einer Beschäftigungssteuer, der man am besten durch Entlassungen begegnet.

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Dr. Robert Schwager,  E-Mail: schwager@zew.de