Erbschaftsteuerbelastung in Deutschland im internationalen Vergleich - Geringe Vermögen wenig, große Vermögen stark belastet

Forschung

In Zeiten klammer öffentlicher Kassen weckt die Erbschaft- und Schenkungsteuer Begehrlichkeiten bei so manchem Politiker. Dabei wird häufig argumentiert, eine Erhöhung der Erbschaft- und Schenkungsteuer sei gerechtfertigt, weil die steuerliche Belastung bei Erbschaft oder Schenkung in Deutschland im internationalen Vergleich niedriger als in vielen anderen Ländern sei. In einem Gutachten für das Bundesministerium der Finanzen wollte das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, es jetzt genau wissen.

Zusammen mit Wissenschaftlern der Universitäten Erlangen-Nürnberg und Gießen wurde eine Bestandsaufnahme der erbschaftsteuerrechtlichen Regelungen in fünfzehn Staaten vorgenommen, darunter das Vereinigte Königreich, die Vereinigten Staaten, Frankreich, die Schweiz und Österreich.

Im Ländervergleich zeigt sich, dass die Situation in Deutschland einerseits durch günstige Bewertungsvorschriften (insbesondere beim Unternehmensvermögen sowie beim Grundvermögen), vorteilhafte sachliche Steuervergünstigungen bei der Übertragung von Unternehmensvermögen und hohe persönliche Freibeträge für Ehegatten und Kinder gekennzeichnet ist. Diesen Vorteilen steht als Nachteil allerdings ein vergleichsweise hoher tariflicher Steuersatz gegenüber. Um diese deutschen Gegebenheiten mit der Situation in anderen Ländern vergleichen zu können, wurde in der ZEW-Studie mit Hilfe eines speziell für den internationalen Erbschaftsteuervergleich entwickelten EDV-Programms für die Übertragung von Einzelunternehmen, Anteilen an Kapitalgesellschaften sowie von privaten Vermögensportfolios die bei einer Vererbung an den Ehegatten oder an ein Kind anfallende Steuerbelastung ermittelt und vergleichend analysiert.

Es zeigt sich, dass Deutschland im internationalen Vergleich im Hinblick auf geringe Privatvermögen, also etwa ein Einfamilienhaus oder dessen Gegenwert an Ersparnissen, bei der Übertragung sowohl an den Ehegatten als auch an ein Kind eine geringe Steuerbelastung aufweist. Infolge hoher persönlicher Freibeträge bleibt die Übertragung eines repräsentativen privaten Vermögensportfolios an den Ehegatten sogar vollständig steuerfrei, bei der Übertragung an ein Kind kann die anfallende Steuerbelastung in Höhe von 0,3 Prozent des übertragenen Vermögens im Ergebnis vernachlässigt werden. Insgesamt macht die Übertragung solcher geringer Vermögen den mit Abstand größten Teil der Erbschaften in Deutschland aus.

Bei der Übertragung großer Vermögen, also Erbschaften oder Schenkungen, die in den zweistelligen Millionenbereich vordringen, verschlechtert sich dagegen die Position Deutschlands im internationalen Vergleich deutlich. Hier rangiert Deutschland bei der Übertragung eines privaten Vermögensportfolios an den Ehegatten im unteren Drittel der Vergleichsländer, während es bei der Übertragung an ein Kind eine Position im oberen Mittelfeld einnimmt.

Im Vergleich zu Privatvermögen stellt sich die Situation in Deutschland bei der Übertragung von Unternehmensvermögen etwas ungünstiger dar. Unabhängig von der Rechtsform des übertragenen Unternehmensvermögens, das entweder als Einzelunternehmen oder in Form von Anteilen an Kapitalgesellschaften übergehen kann, rangiert Deutschland im Vergleich der fünfzehn Länder auf dem siebten Platz, wenn es sich um ein repräsentatives mittelständisches Unternehmen handelt und der Begünstigte ein Kind des Erblassers oder Schenkers ist. Die Übertragung von Einzelunternehmen löst dabei mit 3,77 Prozent des Werts des Unternehmensvermögens eine deutlich geringere effektive Steuerbelastung aus als die Übertragung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (6,08 Prozent). Solche rechtsformabhängigen Erbschaftsteuerbelastungen sind allerdings auch in den anderen Ländern auszumachen.

Anmerkung für die Redaktion

Das Gutachten wird in den ZEW Wirtschaftsanalysen/Schriftenreihe des ZEW, Nomos-Verlagsgesellschaft, Baden-Baden veröffentlicht.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Thiess Büttner, E-Mail: buettner@zew.de

Wolfram Scheffler, Telefon: 0911/5302-346, E-Mail: scheffler@steuerlehre.com

Christoph Spengel, Telefon: 0641/99-22550, E-Mail: christoph.spengel@wirtschaft.uni-giessen.de

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