Rechtsformwahl im Mittelstand: Personengesellschaften sind steuerlich günstiger als Kapitalgesellschaften
ForschungPersonengesellschaften sind die steuerlich günstigere Rechtsform für den deutschen Mittelstand. Dies gilt unabhängig davon, ob die Kapitalgesellschaft ihren Gewinn voll oder teilweise ausschüttet beziehungsweise einbehält.
Wie Berechnungen des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim zeigen, zahlt im verarbeitenden Gewerbe eine Personengesellschaft 3,27 Prozent weniger Steuern als eine bis auf die Rechtsform identische Kapitalgesellschaft. Die Ursache für die geringere Belastung der Personengesellschaft ist vor allem die im Jahr 2001 neu eingeführte Gewerbesteueranrechnung. Diese nur für Personengesellschaften und Einzelunternehmer mögliche Anrechnung der Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer reduziert deren Gewerbesteuerbelastung erheblich. Im Ergebnis wird dadurch sogar der für die Personengesellschaft berechnete Belastungsnachteil bei der Einkommensteuer, der Kirchensteuer und dem Solidaritätszuschlag überkompensiert.
Die Studie des ZEW widerspricht damit einer weit verbreiteten Meinung, nach der die im deutschen Mittelstand überwiegend auftretende Personengesellschaft steuerlich benachteiligt sei. Entstanden ist dieser Trugschluss aus der undifferenzierten Gegenüberstellungen der für Kapitalgesellschaften maßgeblichen tariflichen Körperschaft- und Gewerbesteuerbelastung von rund 40 Prozent und den für Personengesellschaften relevanten progressiven Einkommensteuersätzen von bis zu 48,5 Prozent zuzüglich der Gewerbesteuer. Um jedoch die tatsächlichen Belastungsunterschiede feststellen zu können, müssen sämtliche für die Rechtsformwahl relevanten Einflussfaktoren (Steuerarten, Besteuerungskonzeptionen, Bemessungsgrundlagen, Steuertarife und Steuersysteme) berücksichtigt und die Berechnungen mehrperiodig durchgeführt werden. Eine solche Vorgehensweise liegt der ZEW-Studie zugrunde. Bei dieser wurde mit dem Computersimulationsprogramm "European Tax Analyzer" auf Basis der Erfolgs- und Bilanzdaten eines mittelständischen Unternehmens des verarbeitenden Gewerbes die Steuerbelastung beider Rechtsformen über einen Zeitraum von zehn Jahren ermittelt. Um Vergleichbarkeit zwischen thesaurierenden Kapitalgesellschaften mit Personengesellschaften herzustellen, wurde angenommen, dass die Gewinnrücklagen bei der Kapitalgesellschaft am Ende des Betrachtungszeitraums im zehnten Jahr ausgeschüttet werden.
Die Berechnungen ergeben weiterhin, dass die Belastungsunterschiede zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften insbesondere von der Gewinnhöhe des Unternehmens und dessen Finanzierungsstruktur sowie den Gesellschaft-Gesellschafter-Verträgen beeinflusst werden. Die Steuerbelastungsunterschiede vergrößern sich dabei zu Gunsten der Personengesellschaft, je niedriger die Einkommensteuersätze der Gesellschafter sind. Dagegen ist der Gewinnverwendungspolitik nicht die Bedeutung beizumessen, die ihr weite Teile der Literatur bisher zusprechen.
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