ZEW-Energiemarktbarometer - Experten sehen Abhängigkeit von Russland beim Erdöl gelassen

Forschung

Vielfach wurde in jüngster Zeit die Befürchtung geäußert, dass die Energieversorgung in der Europäischen Union aufgrund der Abhängigkeit von Importen der politischen Stimmung in Russland ausgesetzt sei. Nach Auffassung der meisten im Rahmen des ZEW-Energiemarktbarometers befragten Experten bieten die großen Ölimporte aus Russland jedoch keinen Anlass zur Sorge. Beim Gas ist die Einschätzung weniger gelassen. Um die unmittelbare Versorgungssicherheit fürchten die Experten nicht.

Im Rahmen des ZEW-Energiemarktbarometers befragt das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, halbjährlich mehr als 200 Experten aus Energieversorgungs-, -handels- und Dienstleistungsunternehmen zu ihren Erwartungen hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Entwicklungen auf den nationalen und internationalen Energiemärkten.

Etwa 77 Prozent der Befragten halten die großen Ölimporte aus Russland für wenig problematisch (siehe Grafik am Ende der Pressemitteilung). Dabei antworten 15 Prozent auf die Frage, ob die Importabhängigkeit von Russland beim Erdöl problematisch sei, mit einem klaren "Nein" und 62 Prozent mit "eher Nein". Insgesamt sehen lediglich 23 Prozent die Importabhängigkeit kritisch. Beim Gas sind die Experten hingegen grundsätzlich besorgter. Hier ist lediglich eine knappe Mehrheit von etwa 53 Prozent der Befragten der Auffassung, dass der große Anteil der Gasimporte aus Russland eindeutig "kein" (9 Prozent) oder "eher kein" (44 Prozent) Problem darstellt. Dagegen antworten insgesamt 47 Prozent der Befragten auf die Frage, ob die Importabhängigkeit von Russland beim Erdgas ein Problem darstellt, mit "ja" (17 Prozent) und "eher ja" (30 Prozent).

Verschiedene Gründe sind für die unterschiedlichen Einschätzungen denkbar. Zwar hat das Öl in Deutschland mit rund 36 Prozent den größten Anteil im Primärenergiemix vor Erdgas mit etwa 22 Prozent, und es kommen etwa 34 Prozent der deutschen Rohölimporte aus Russland. Wichtiger als der große Anteil Russlands an der deutschen Ölversorgung ist jedoch die Inflexibilität beim Transport von Erdgas im Gegensatz zu Erdöl. Während Öl zu einem großen Anteil in Schiffen transportiert wird, ist der Gastransport im Wesentlichen noch immer an das Pipelinenetz gebunden. Dies macht ein kurzfristiges Ausweichen auf andere Anbieter kaum möglich, und ein kurzfristiger Bezug von Erdgas aus anderen wichtigen Lieferländern (neben Russland mit 35 Prozent auch Norwegen mit 24 Prozent und die Niederlande mit 19 Prozent) oder gar die Ausweitung der Inlandsgewinnung (16 Prozent) erscheint wenig realistisch. Es sollte also nicht schaden, andere potenzielle Gasexporteure langfristig in den Blick zu nehmen.

Ansprechpartner

Dr. Ulf Moslener, E-Mail: moslener@zew.de