"Die EZB muss ein sorgfältiges Erwartungsmanagement betreiben"

Kommentar

Die EZB hat in ihrer ersten Sitzung nach der Sommerpause keine Änderungen an ihrer Zinspolitik vorgenommen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat sich dazu entschieden, ihre Leitzinsen unverändert zu lassen und die Anleihekäufe wie geplant zunächst bis zum Jahresende fortzusetzen. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, erklärt dazu.

"Es ist richtig, dass die EZB die Märkte nicht durch hektisches Umsteuern in Unruhe versetzt. Die bis Jahresende angekündigten Anleihekäufe müssen jetzt auch zu Ende geführt werden, alles andere würde verunsichern. Dringend nötig wäre aber eine klare Perspektive für 2018 mit einer realistischen Strategie zum Auslaufen der Anleihekäufe.

Wie bei jedem Ausstieg aus einer Droge ist mit Entzugserscheinungen an den Anleihemärkten zu rechnen, auch Panikattacken sind denkbar. Daher muss die EZB nun ein sorgfältiges Erwartungsmanagement betreiben. In diesem Punkt sind die Äußerungen von EZB-Präsident Mario Draghi aber viel zu vage geblieben.

Kritisch zu bewerten ist außerdem eine auffällige Asymmetrie: In Zeiten fallender Ölpreise hat die EZB die zu niedrige Inflationsrate kaum mit Blick auf fallende Energiepreise relativiert. Jetzt wird plötzlich die Ölpreis-Karte gezogen, um den Inflationsanstieg klein zu reden und die eigene Unentschlossenheit zu rechtfertigen. Diese Argumentation kostet die EZB Reputation, denn sie nährt den Eindruck, dass die EZB größere Toleranz bei Zielverfehlungen nach oben als nach unten hat."

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Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Telefon 0621/1235-149, E-Mail heinemann@zew.de