Europa gibt weiterhin das meiste Geld für fragwürdige Transfers aus
KommentarDie Europäische Kommission hat heute den mit Spannung erwarteten Vorschlag zum Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der Europäischen Union für die Jahre 2021 bis 2027 vorgelegt. Stefani Weiss, Senior Expert, Bertelsmann Stiftung, und Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, die sich in einer gemeinsamen Studie mit den Notwendigkeiten des künftigen EU-Haushalts befasst haben, begrüßen die Initiative, sehen allerdings die Gewichtung bei den Mittelzuweisungen kritisch.
Nach den Vorstellungen der EU-Kommission soll der Umfang des Budgets von 1,0 Prozent auf 1,11 Prozent der EU-Wirtschaftsleistung steigen. Die Mehrausgaben sollen vor allem dem Schutz der EU-Außengrenzen, Sicherheit und Verteidigung, der Entwicklungshilfe und der Forschungspolitik zu Gute kommen. Leichte Kürzungen sind für die Agrar- und Kohäsionspolitik geplant. Dennoch würden diese Politikbereiche auch im nächsten Sieben-Jahres-Zeitraum den Haushalt mit etwa 60 Prozent aller Ausgaben dominieren.
Friedrich Heinemann erklärt dazu: „Die Vorschläge der Kommission zur Korrektur der Ausgabeschwerpunkte gehen in die richtige Richtung. Dennoch ist die Reform mutlos. Die minimalen Kürzungen bei Agrar- und Regionalpolitik sind enttäuschend. Offenbar war hier der geballte Druck von Bürgermeistern und Bauernverbänden zu groß, um wirklich umzusteuern. Europa gibt auch im kommenden Jahrzehnt das meiste Geld somit weiterhin für äußerst fragwürdige Transfers in den Mitgliedstaaten aus.“
Stefani Weiss fügt an: „Dass mehr Geld für europäische Aufgaben, die einen wirklichen Mehrwert versprechen, mobilisiert wird, liegt in erster Linie an der Erhöhung des Budgets. Das erspart den Mitgliedstaaten nach dem Wegfall des britischen Haushaltsbeitrags zwar die schlimmsten Verteilungskämpfe, weicht aber erneut der Entscheidung zugunsten eines zukunftsweisenden EU-Budgets aus. Die EU demonstriert wieder einmal, dass europäische Reformen, wenn überhaupt, nur im Schneckentempo vorangehen. Fragt sich nur, wie viel Zeit der EU in Anbetracht der wachsenden globalen Herausforderungen noch bleibt.“
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