ZEW-CS Finanzmarkttest für die Schweiz - Konjunkturerwartungen verschlechtern sich weiter
Konjunkturindikator SchweizDie Konjunkturerwartungen der vom ZEW befragten Finanzmarktexperten haben sich im Juli erneut deutlich verschlechtert. Der entsprechende Saldo fiel von -63,8 Punkten auf -76,9 Punkte. Auch die aktuelle wirtschaftliche Lage wird weniger positiv eingestuft, der Index sank von 53,2 auf 41,0 Punkte. Die Inflationserwartungen haben sich dagegen etwas verringert: Nur noch eine Minderheit von 35,9 Prozent der Umfrageteilnehmer erwartet steigende Inflationsraten in den kommenden sechs Monaten. Der Saldo für die kurzfristigen Zinserwartungen bleibt positiv, doch die Mehrheit der Umfrageteilnehmer geht jetzt von unveränderten Zinsen aus. In der Sonderfrage wurden die Analysten nach den Auswirkungen einer hohen Inflation auf den Schweizer Aktienmarkt befragt. Die Experten gehen davon aus, dass der Schweizer Aktienmarkt in Zeiten hoher Inflation besser abschneidet als der MSCI World, der die Entwicklung von Aktien weltweit widerspiegelt, und empfehlen Anlagen in Unternehmen der Pharma- und Nahrungsmittelbranche.
Die Ergebnisse der aktuellen Umfrage des Schweizer Finanzmarkttests zeichnen erneut ein negatives Bild für die mittelfristige wirtschaftliche Dynamik. Mehr als drei Viertel der Finanzmarktexperten prognostizieren eine Verschlechterung der Schweizer Konjunktur in den kommenden sechs Monaten. Der Indikator für die Konjunkturerwartungen sinkt daher deutlich um 13,1 Punkte auf -76,9 Punkte. Die Einschätzung der aktuellen wirtschaflichen Situation zeigt ebenfalls einen Abwärtstrend, jedoch auf hohem Niveau. Nur noch 41 Prozent der Befragten schätzen die derzeitige Wirtschaftslage als gut ein. Die restlichen Finanzmarktanalysten bewerten die Konjunktursituation als normal. Folglich sinkt der entsprechende Indikator um 12,2 Punkte auf 41 Punkte.
Wegen der steigenden Energiepreise kämpft auch die Schweiz mit hohen Inflationsraten. Auf Sicht von sechs Monaten glauben 35,9 Prozent der Umfrageteilnehmer, dass sich die Inflation noch weiter erhöhen werde, während 30,8 Prozent keine Veränderung der Teuerungsrate prognostizieren. Der Saldo für die Inflationsrate sinkt stark um 14,4 Punkte auf 2,6 Punkte.
Trotz des Trends zu steigenden Preisen erwarten nur 28,2 Prozent der Finanzmarktexperten – und damit 27,1 Prozent weniger als im Vormonat – einen Anstieg der kurzfristigen Zinsen. Zwei Drittel der Befragten prognostizieren dagegen keine Veränderung des kurzfristigen Zinsniveaus. Der entsprechende Indikator sinkt insgesamt deutlich um 25,8 Punkte auf 23,1 Punkte. Bei den langfristigen Zinsen erwartet mit 46,2 Prozent ein etwas größerer Anteil an Experten einen Anstieg als noch im Vormonat. Keine Veränderung erachten hingegen 41 Prozent der Befragten als das wahrscheinlichste Szenario. Nach der Erhöhung des Leitzinses im Euroraum Anfang Juli auf 4,25 Prozent durch die EZB erwartet mit 59 Prozent eine Mehrheit der Analysten keine Veränderung der kurzfristigen Zinsdifferenz zwischen der Schweiz und dem Euroraum. Hingegen prognostizieren 28,2 Prozent der Analysten eine abnehmende Differenz zwischen den kurzfristigen Zinsen.
Nach turbulenten Monaten an den Aktienmärkten weltweit lässt sich seit Mitte Mai erneut ein starker Abwärtstrend beim SMI erkennen. Fast zwei Drittel der Finanzmarktanalysten erwarten jedoch im kommenden halben Jahr eine Erholung am Schweizer Aktienmarkt. Demgegenüber rechnen 18,9 Prozent der Experten weiterhin mit fallenden Kursen. Per Saldo steigt der entsprechende Indikator um 8,9 Punkte auf 45,9 Punkte. Seit mehreren Monaten ist der Wechselkurs des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro stabil geblieben. Mit 61,5 Prozent der Umfrageteilnehmer erwartet eine Mehrheit keine Veränderungen des Wechselkurses über einen Horizont von sechs Monaten. 35,9 Prozent der Finanzmarktexperten prognostizieren eine Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem Euro.
Bezüglich des Ölpreises erwartet ein hoher Anteil von 60,5 Prozent der Analysten einen Rückgang. Der Ölpreis erzielt seit Monaten immer wieder neue Höchststände. Dass sich dieser Anstieg weiter fortsetzen wird, glauben jedoch nur 10,5 Prozent der Befragten. Auch der Goldpreis zeigte in der Vergangenheit einen ähnlichen Verlauf. Hingegen sind 40,5 Prozent der Befragten der Meinung, dass der Preis für Gold weiter steigen wird, während fast ein Drittel der Analysten einen sinkenden Goldpreis erwartet. Bezüglich der Gewinnsituation der Schweizer Unternehmen über alle Branchen hinweg sind sich 69,4 Prozent der Finanzmarktexperten darin einig, dass diese sich verschlechtern wird. Ein Viertel erwartet keine Veränderung der Gewinnsituation. Eine große Mehrheit der Experten (83,3 Prozent) geht von sinkenden Umsatzrenditen aus. Kein Analyst erwartet eine Erhöhung der Umsatzrenditen, wodurch der Indikator um 12.8 Punkte auf -83,3 Punkte sinkt. Knapp drei Viertel der Befragten (73,3 Prozent) erwarten mittelfristig einen Anstieg der Arbeitslosigkeit in der Schweiz, während kein Analyst von sinkender Arbeitslosigkeit ausgeht. Gut ein Viertel der Experten erwartet keine Veränderung hinsichtlich der Beschäftigungssituation in der Schweiz.
Die Sonderfrage bezog sich diesen Monat auf die Auswirkungen der hohen Inflation auf den Schweizer Aktienmarkt. 48 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass der Schweizer Aktienmarkt in Zeiten hoher Inflation besser abschneidet als der MSCI World, während nur eine Minderheit von 22 Prozent glaubt, dass er schlechter abschneidet. 33 Prozent der Befragten erwarten, dass Pharmaunternehmen aufgrund der hohen Inflation in den nächsten zwölf Monaten besser abschneiden werden als andere Sektoren. Weitere Sektoren, die nach Einschätzung der Finanzmarktexperten besser abschneiden dürften, sind Nahrungsmittel, Telekommunikation sowie Chemie und Baumaterialien.
Ablauf der Umfrage und Methodologie
Eine analoge monatliche Untersuchung für Deutschland führt das ZEW seit 1991 durch. Ziel der Schweizer Umfrage ist, Indikatoren sowohl für das allgemeine Konjunkturklima der Schweiz als auch für den schweizerischen Dienstleistungssektor zu entwickeln.
Im Einzelnen werden die Finanzexperten nach ihren mittelfristigen Erwartungen befragt, die sie für wichtige internationale Finanzmärkte hinsichtlich der Entwicklung der Konjunktur, der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse haben. Zusätzlich werden die Finanzexperten um eine Einschätzung der Ertragslage der Unternehmen in folgenden schweizerischen Dienstleistungsbranchen gebeten: Banken, Versicherungen, Konsum/Handel, Telekommunikation und insgesamt.
Die Salden ergeben sich aus der Differenz der positiven und der negativen Anteile. Die Werte in Klammern zeigen die Veränderungen jedes Indikators gegenüber dem Vormonat.
Ansprechpartner
Dr. Gunnar Lang, Telefon: 0621/1235-372, E-Mail: lang@zew.de
Marcel Thieliant (CS), Telefon: +41/44/3320969, E-Mail: marcel.thieliant@credit-suisse.com