Entwicklungsgelder im EU-Haushalt bündeln
ForschungDie Mitgliedstaaten der Europäischen Union sollten im neuen EU-Finanzrahmen ab 2021 die Entwicklungshilfe im Brüsseler Haushalt bündeln. Eine gemeinsame europäische Finanzierung würde einen Beitrag dazu leisten, die bisherige Zersplitterung der europäischen Entwicklungshilfe zu überwinden. Außerdem würde eine solche Reform dafür sorgen, dass alle Mitgliedstaaten ihrem Wohlstand entsprechend zur Finanzierung dieser Politik herangezogen würden. Dies sind die Empfehlungen einer Studie zur EU-Entwicklungspolitik, die das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung gemeinsam mit der Bertelsmann Stiftung erarbeitet hat.
Ausgangspunkt der Studie ist eine Analyse des Ist-Zustands: Aktuell ist die europäische Entwicklungshilfe durch eine große Zersplitterung gekennzeichnet. Die EU und ihre 28 Mitgliedstaaten sind allesamt eigenständige Akteure, die sich in den Empfängerländern oft unsinnige Konkurrenz machen, durch Duplizierung von Aufgaben unnötig hohe Kosten verursachen und durch die Fragmentierung oftmals weniger Einfluss ausüben als andere große Geberstaaten wie die USA oder China. Hinzu kommt, dass das gegenwärtige System zum Trittbrettfahren einlädt: Obwohl alle EU-Staaten von stabileren Bedingungen etwa der afrikanischen Staaten profitieren, beteiligen sich die EU-Mitgliedstaaten nur in sehr unterschiedlichem Umfang an der Finanzierung. Dies gilt auch für Geberstaaten mit vergleichbarem Einkommensniveau.
Das vom ZEW und der Bertelsmann Stiftung vorgeschlagene Modell würde die Vorteile eines gemeinsamen Finanzierungsansatzes realisieren, vermeidet aber die Nachteile übermäßiger Zentralisierung. Die Finanzierung der EU-Entwicklungshilfe würde diesem Modell zufolge über das Eigenmittelsystem des europäischen Haushalts erfolgen, in dem sich die Belastungen proportional zur Wirtschaftskraft verhalten. Das heißt, EU-Staaten mit gleichem Wohlstandsniveau würden künftig in gleicher Höhe und relativ zu ihrer Größe zur Finanzierung herangezogen.
Bündelung der Ressourcen im EU-Haushalt verspricht mehr Fairness
Gleichzeitig sollten die EU-Mitgliedstaaten aber weiterhin ihre spezifische Expertise im Umgang mit bestimmten Empfängerländern einbringen. Zu diesem Zweck würde die EU-Entwicklungshilfe durch sogenannte „Lead-Staaten“ gesteuert. Dabei würden ein oder mehrere EU-Mitgliedstaaten, die etwa aufgrund von Sprache und Geschichte eine besondere Verbindung zu einem Empfängerland haben, die Verantwortung für die Konzeption und Durchführung der EU-Programme übernehmen.
„Die Entwicklungspolitik ist ein Beispiel für ein Feld, auf dem Europa allen EU-Staaten einen Mehrwert verschaffen kann. Europa würde für das gleiche Geld mehr Einfluss und Wirksamkeit in der europäischen Entwicklungspolitik erhalten als im aktuell viel zu kleinteiligen System. Außerdem wäre die Bündelung der Ressourcen im EU-Haushalt ein großer Schritt in Richtung Fairness. Die derzeit beliebte Strategie des Trittbrettfahrens mit Blick auf die Entwicklungsanstrengungen anderer Staaten würde nicht länger funktionieren“, fasst Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des ZEW-Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ sowie Koautor der Studie, zusammen.