Parteipolitisches Taktieren prägt Tendenz-Abstimmungen zum Brexit in London

Kommentar

ZEW-Präsident Achim Wambach zum Brexit

Prof. Achim Wambach, PhD, Präsident des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim.

Entgegen der Ursprungsplanung wird Großbritannien die Europäische Union am 29. März 2019 nicht verlassen. Zweimal wurde das von der Regierung des Vereinigten Königreichs ausgehandelte EU-Austrittsabkommen abgelehnt. Jetzt hat das britische Unterhaus einen eigenen Anlauf genommen, um herauszufinden, ob eine mögliche Ersatzlösung mehrheitsfähig wäre. Zudem hat Premierministerin Theresa May gestern ihren Rücktritt angeboten. Prof.  Achim Wambach, Ph. D., Präsident des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, kommentiert den aktuellen Verlauf des Brexit.

„Das Ringen um den Brexit in London geht in die nächste Runde. Theresa May hat angekündigt, zurückzutreten, falls der von ihr mit der EU verhandelte Vertrag verabschiedet wird. Im britischen Parlament wurden gestern Abend alle Vorlagen zu möglichen weiteren Schritten abgelehnt. Eine Interpretation der Abstimmungsergebnisse ist schwierig.

Denn wie der Nobelpreisträger Kenneth Arrow in seinem Unmöglichkeitstheorem gezeigt hat, müssen Ergebnisse von Mehrheitsentscheidungen nicht unbedingt eine innere Konsistenz aufweisen. Hinzu kommt, dass die britische Regierung es verpasst hat, die Opposition frühzeitig in die Verhandlungen einzubinden. Die Tendenz-Abstimmungen wurden deshalb von parteipolitischem Taktieren überlagert.

Wenn man dennoch die abgegeben Stimmen als Indikator nehmen will, so scheint ein harter Brexit ohne Abkommen vom Tisch zu sein. Dieser Vorschlag wurde deutlich mit 400 zu 160 Stimmen abgelehnt. Mit der Ankündigung ihres Rücktritts ist es Theresa May gelungen, einen Teil der Brexiteers einzubinden, die sich jetzt auch für das von ihr ausgehandelte Abkommen aussprechen. Noch hat sie allerdings keine Mehrheit zusammen. Die nächsten Tage werden zeigen, ob es ihr gelingt, weitere Abgeordnete einzubinden. Es spricht einiges dafür, dass das Brexit-Drama seinem Finale zuläuft.“

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