Handelszölle sind Gift für Exporteure, die in Forschung und Entwicklung investieren
ForschungHandelszölle, wie sie derzeit in Teilen der Politik debattiert werden, sind Gift für exportorientierte Unternehmen. Sie führen nicht nur zu Preiserhöhungen für Verbraucher/innen, sondern mindern auch die Renditen aus Forschung und Entwicklung (FuE) für exportierende Unternehmen. Dadurch besteht die Gefahr, dass vor allem Exporteure von wichtigen Zukunftsinvestitionen in FuE abgehalten werden. Das wiegt umso schwerer, als Unternehmen, die ihre Produkte auf internationalen Märkten verkaufen, deutlich häufiger in FuE investieren, als Unternehmen, die nur im Heimatmarkt aktiv sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim veröffentlicht hat.
Für die Analyse haben die Wissenschaftler/innen ein empirisches Modell entwickelt, das den gesamten Innovationsprozess eines Unternehmens abbildet, einschließlich der Unsicherheiten, denen sich innovierende Unternehmen dabei ausgesetzt sehen. Auf Basis des Modells können die Autoren/-innen der Studie die Auswirkungen möglicher zukünftiger Handelsrestriktionen simulieren.
Dabei haben sie festgestellt, dass die Einführung von Handelszöllen auf Exporte in Höhe von zehn Prozent die Absatzmöglichkeiten für Exporteure im Ausland stark schmälert. Eine Folge davon ist, dass die langfristigen Renditen von FuE-Investitionen über alle untersuchten Branchen hinweg durchschnittlich um mindestens 20 Prozent sinken, und der Anteil der Unternehmen, die in FuE investieren, um 2,0 bis 7,5 Prozentpunkte zurückgeht. Daraus resultiert wiederum ein Produktivitätsrückgang der Unternehmen um 0,3 Prozent bis 1,7 Prozent. Eine Vergeltungspolitik seitens der deutschen Politik in Form von zusätzlichen Importzöllen von zehn Prozent würde zu weiteren Einbußen bei FuE und Produktivität führen.
Die Studie untersucht mithin, ob und inwiefern sich die Innovationsrendite unterscheidet zwischen Unternehmen, die sowohl auf dem Heimatmarkt als auch auf ausländischen Märkten aktiv sind und solchen, die ihre Produkte allein auf dem Heimatmarkt vertreiben. Dafür haben die Wissenschaftler/innen eine Stichprobe von Unternehmen aus den fünf Spitzentechnologie-Branchen Chemie, Maschinenbau, Elektronik und Elektrotechnik, Medizin-, Mess-, Steuer- und Regelungstechnik sowie Fahrzeugbau gezogen. Betrachtet wurden dabei knapp 1.300 national und international aufgestellte Unternehmen mit Hauptsitz in Deutschland im Zeitraum von 1994 bis 2008. Als Datenbasis dient das Mannheimer Innovationspanel (MIP) des ZEW, eine jährliche Erhebung zum Innovationsverhalten der deutschen Wirtschaft.
Exportierende Unternehmen weisen höhere Innovationsrate auf
Die Ergebnisse zeigen, dass Investitionen in FuE in exportierenden Unternehmen häufiger zu neuen Produkten und Prozessen führen. Mit 91,3 Prozent im Vergleich zu 76,8 Prozent weisen Exporteure eine höhere Innovationsrate auf als allein auf den deutschen Markt fokussierte Unternehmen. Die neuen Produkte und Prozesse sind darüber hinaus auch mit höheren Produktivitätszuwächsen bei Exporteuren verbunden. Unternehmen, die rein auf den deutschen Markt konzentriert sind, erzielen im Durchschnitt einen Produktivitätsgewinn von 2,3 Prozent mit der Einführung von neuen Produkten und Prozessen. Bei Exporteuren steigen die mit neuen Produkten und Prozessen erzielten Produktivitätsgewinne auf 6,6 Prozent im deutschen Markt und 9,4 Prozent auf den Auslandsmärkten. Mit einer jährlichen Abschreibungsrate auf Produktivitätsgewinne von 14 Prozent im Vergleich zu 21 Prozent sind Produktivitätszuwächse von exportierenden Unternehmen darüber hinaus nachhaltiger und tragen damit über einen längeren Zeitraum zu Gewinnsteigerungen bei.
Über alle Branchen hinweg betrachtet, variiert die langfristige Rendite von Innovationen rein im Inland tätiger Unternehmen zwischen etwa 1,0 Prozent des Unternehmenswerts im Maschinenbau bis 2,4 Prozent in der Elektronik und Elektrotechnik. Hingegen beträgt die langfristige Innovationsrendite bei exportierenden Unternehmen 4,6 Prozent bis 10,8 Prozent des Unternehmenswerts.
Unternehmen entscheiden sich vor allem dann dazu, FuE durchzuführen, wenn die erwarteten Erträge die geplanten Kosten übersteigen. Ist ein Unternehmen auf ausländischen Märkten aktiv, beeinflusst dies das Innovationsergebnis positiv. „Der Zugang zu neuem technologischen Wissen auf Auslandsmärkten macht die erfolgreiche Entwicklung neuer Produkte und Prozesse wahrscheinlicher. Und jene neuen oder verbesserten Produkte werden nicht nur im Inland, sondern auch im Ausland verkauft, wodurch mit dem höheren Umsatz auch die Rendite der FuE-Tätigkeit steigt. Diese Entwicklung wirkt sich wiederum positiv auf die Innovationsbereitschaft und das Produktivitätswachstum des Unternehmens aus und somit auch auf künftige Unternehmensgewinne“, fasst Prof. Dr. Bettina Peters, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Innovationsökonomik und Unternehmensdynamik“ sowie eine der Autorinnen der Studie, zusammen.