Umkehrhypotheken für die Altersvorsorge sind in Deutschland eher unbeliebt

Forschung

ZEW-Umfrage bei Finanzmarktexperten/-innen

Umkehrhypotheken, mit denen man im Alter eine schuldenfreie Immobilie beleihen kann, haben in Deutschland bisher kaum Konjunktur.

Umkehrhypotheken („Reverse Mortgages“), mit denen man im Alter eine schuldenfreie Immobilie etwa zur Aufbesserung der Rente beleihen kann, haben sich in Deutschland – anders als in den USA und Großbritannien – bisher nicht durchgesetzt. Und auch für die Zukunft sehen Finanzmarktexperten/-innen nur einen geringen Bedeutungszuwachs für Umkehrhypotheken als Instrument zur Altersvorsorge hierzulande. Dabei hemmt vor allem der hohe emotionale Wert der Immobilie die Nachfrage nach Umkehrhypotheken. Für Anbieter stellt primär die schwierige Abschätzung der Lebensdauer der Immobilieneigentümer/innen ein Hindernis dar. Zu diesen zentralen Ergebnissen kommt die Auswertung der aktuellen Sonderfrage des monatlichen ZEW-Finanzmarkttests, die das ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim, im Juli 2019 vorgenommen hat.

Umkehrhypotheken erlauben älteren Immobilieneigentümern, gebundenes Vermögen in selbstgenutzten Immobilien in monatliche Auszahlungen umzuwandeln, wobei Zins- und Tilgungsleistungen erst zu Vertragsende, also nach dem Tod der Immobilieneigentümer oder deren Umzug in ein Pflegeheim, aus dem Wert der Immobilie beglichen werden. Bis dahin bleiben die jeweiligen Haushalte Eigentümer und Bewohner der Immobilie. Die Umfrageergebnisse der Sonderfrage des ZEW-Finanzmarkttests zeigen nun, dass weniger als 30 Prozent der Befragten von einer starken beziehungsweise sehr starken Zunahme der Bedeutung von Umkehrhypotheken als Altersvorsorgeinstrument in Deutschland ausgehen, während rund 45 Prozent keinen oder nur einen geringen Bedeutungszuwachs erwarten.

Aus Sicht der Experten/-innen wird die Nachfrage nach Umkehrhypotheken vor allem durch den hohen emotionalen Wert der Immobilie gehemmt: Insgesamt 88 Prozent der Befragten sehen dies als starkes bis sehr starkes Hindernis. Des Weiteren stehen der Akzeptanz von Umkehrhypotheken auf der Nachfrageseite mehrheitlich Verständnisprobleme aufgrund der Komplexität der Entscheidung entgegen (79 Prozent). Lediglich die Kosten von Umkehrhypotheken werden künftig wenig Einfluss auf die potenzielle Nachfrage haben. Auch der Bedarf an Umkehrhypotheken aufgrund mangelnder Liquidität des Haushalts wird als eher gering eingeschätzt.

Auf Anbieterseite hemmen laut Finanzexperten/-innen vor allem drei Faktoren die Akzeptanz von Umkehrhypotheken: Neben der schwierigen Abschätzung der Lebensdauer der Immobilieneigentümer (65 Prozent) schränkt die Ungewissheit über die zukünftige Instandhaltung der Immobilie durch den Eigentümer (53 Prozent) und das Risiko, dass vorwiegend Kunden/-innen mit sehr langer Lebensdauer Umkehrhypotheken erwerben (50 Prozent), das Angebot ein. Die Refinanzierung schätzen die Experten/-innen hingegen überwiegend als unproblematisch ein.

„Die Ergebnisse machen deutlich, dass Umkehrhypotheken zur Absicherung im Alter als nicht sehr bedeutend eingeschätzt werden. Es überrascht daher nicht, dass nur rund zehn Prozent der Unternehmen, in denen die Teilnehmer unseres Finanzmarkttests beschäftigt sind, über die Einführung eines solchen Produkts diskutieren“, erläutert Dr. Karolin Kirschenmann, stellvertretende Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“ und Ko-Autorin der Auswertung. „Hinter unseren Resultaten lässt sich erkennen, dass Eigentümer bei Entscheidungen rund um das Thema Immobilienverzehr vor allem emotional geleitet werden“.

Für den ZEW-Finanzmarkttest befragt das ZEW monatlich bis zu 200 Experten/-innen von Banken, Versicherungen und Finanzabteilungen ausgewählter Großunternehmen nach ihren Einschätzungen und Prognosen wichtiger internationaler Finanzmarktdaten.

Allgemeine Dokumente

ZEW- Finanzmarkttest Juli 2019

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