Engere Grenzen für die Wertpapierkäufe der EZB wahrscheinlich
KommentarZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zur Verhandlung am Bundesverfassungsgericht über EZB-Anleihekäufe
Vor dem Bundesverfassungsgericht beginnt morgen die zweitägige mündliche Verhandlung über das Anleihekaufprogramm PSPP („Public Sector Purchase Programme“) der Europäischen Zentralbank (EZB). Das Gericht hatte sich mit den Verfassungsbeschwerden gegen das Programm bereits 2017 befasst und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) mehrere Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt. Nachdem der EuGH diese Fragen in seinem Urteil im Dezember 2018 zu Gunsten der EZB entschieden hatte, setzt das Bundesverfassungsgericht sein Verfahren nun fort. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW – Leibniz-Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim, nimmt dazu Stellung.
„Für das Verfahren über die EZB-Anleihekäufe in Karlsruhe ist mit Überraschungen oder sogar einem Paukenschlag zu rechnen. In seinem Vorlagebeschluss hat das Gericht im Juli 2017 eine äußerst kritische Sichtweise zur Ausgestaltung des Ankaufsprogramms und seiner Rechtfertigung durch die EZB erkennen lassen. Insbesondere sehen die Karlsruher Richter erhebliche Risiken für ein Verletzung des Verbots der monetären Staatsfinanzierung und eine Überschreitung des geldpolitischen Mandats der Zentralbank.
Im Vergleich zum Vorlagebeschluss aus Karlsruhe sind die Richter des EuGH mit ihrem positivem Votum zu Gunsten der EZB in ihren Argumenten weitgehend an der Oberfläche geblieben und haben sich die EZB-Sicht erstaunlich unkritisch zu eigen gemacht. Hier ist aus Karlsruhe mit deutlich mehr Detailarbeit und Einspruch zu rechnen. Wahrscheinlich ist, dass das Bundesverfassungsgericht den Wertpapierkäufen engere Grenzen zieht, die zumindest die Deutsche Bundesbank bei ihrer Beteiligung beachten muss.
Somit ist denkbar, dass manche Ideen im EZB-Tower zur Neuauflage und Ausweitung der Wertpapierkäufe korrigiert werden müssen, wenn das Urteil aus Karlsruhe vorliegt. Einmal mehr wird der Spruch des Bundesverfassungsgerichts auch an den internationalen Anleihemärkten für erhebliche Aufmerksamkeit sorgen.“