Aktienanlage eignet sich als profitable Altersvorsorge
ForschungZEW-Gutachten zur kapitalgedeckten Rentenversicherung
Eine Aktienanlage mit Lebenszyklusumschichtung würde sich gut als Standardprodukt der kapitalgedeckten Altersvorsorge eignen. Zu diesem Ergebnis kommt ein Gutachten des ZEW Mannheim für den Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. Die Anlage in Aktien für die Altersvorsorge lohnt sich, obwohl sie risikoreicher ist als die Anlage in Anleihen. Finanzkrisen können allerdings zu deutlichen Verlusten führen, vor allem wenn sie sich sehr nah um den Zeitpunkt des Renteneintritts ereignen. Deshalb bietet sich ein Portfolio an, das den Aktienanteil in den Jahren vor dem Renteneintritt schrittweise reduziert, ein so genanntes Aktienportfolio mit Lebenszyklusumschichtung.
In ihrem Gutachten simulieren die Wissenschaftler/innen die Leistungsentwicklung von vier verschiedenen Portfolios, die zu unterschiedlichen Anteilen Aktien und Anleihen enthalten. Dabei handelt es sich um ein reines Aktienportfolio mit 100 Prozent Aktienanteil und ein Mischportfolio mit 50 Prozent Aktien und 50 Prozent Anleihen. Für beide Portfolios wird zudem eine an den Lebenszyklus angepasste Variante betrachtet. Dabei findet ab einem Alter von 52 Jahren eine Umschichtung von Aktien zu Anleihen statt. Das Basismodell geht von einer 45-jährigen Ansparphase zwischen 22 und 67 Jahren aus. Bei einem durchschnittlichen Gehalt von 3.880 Euro brutto und drei Prozent jährlichem nominalem Lohnwachstum zahlen Arbeitnehmer/innen monatlich vier Prozent ihres Bruttolohns ins Portfolio ein.
In heutiger Kaufkraft ergäben sich aus einem solchen Ansparmodell bei mittlerer Kapitalmarktentwicklung als Medianwerte für die Rentenzahlungen sehr beachtliche Beträge zwischen 2.400 Euro und 1.220 Euro je nach Anlagestrategie.
Dem Gutachten liegt eine Simulation mit 10.000 Renditeverläufen basierend auf historischen Daten zugrunde. „Allgemein erzielt das reine Aktienportfolio in den meisten der simulierten Fälle den höchsten Ertrag. Bei einer schlechten Marktentwicklung lohnt sich allerdings das Aktienportfolio mit Lebenszyklus mehr“, so Prof. Dr. Tabea Bucher-Koenen, Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“ und Professorin an der Universität Mannheim.
Finanzkrisen sind zum Ende des Berufslebens besonders einschneidend
Um die Krisenfestigkeit der Anlagestrategie zu testen, simulieren die Wissenschaftler/innen eine einjährige Finanzkrise, die in ihrer Stärke der Finanzkrise der Jahre 2007 bis 2009 entspricht. Kommt es im ersten Einzahlungsjahr zu einer solchen Krise, fällt der Gesamtwert des Portfolios bei allen Anlagestrategien im Mittel um etwa ein bis zwei Prozent. Tritt eine Krise dagegen im letzten Einzahlungsjahr ein, sind die Auswirkungen deutlich massiver: Das reine Aktienportfolio verliert dann im Mittel etwa 30 Prozent seines Wertes, das Lebenszyklus-Modell etwa 16 Prozent. Bei den Mischportfolios sind die Verluste mit 14,5 Prozent und 7,5 Prozent für das Lebenszyklus-Modell geringer.
Für die Rentenphase betrachten die Wissenschaftler/innen einen Entnahmeplan mit Restverrentung ab Alter 90 und alternativ eine Sofortrente. Beim Entnahmeplan bleiben die betrachteten Portfolios auch nach dem Renteneintritt am Kapitalmarkt investiert. Das heißt, die monatlichen Rentenzahlungen schwanken in Abhängigkeit von der gewählten Anlagestrategie und der tatsächlichen Kapitalmarktentwicklung. Dabei ist der Entnahmeplan so gestaltet, dass die Zahlungen nie null oder negativ werden. Auch Finanzkrisen während der Entnahmephase können eine Auswirkung auf die monatlichen Rentenzahlungen haben. Grundsätzlich können Krisen beim Übergang von der Einzahlungs- zur Auszahlungsphase den größten Schaden anrichten, weil der Kapitalwert des Portfolios zu diesem Zeitpunkt am höchsten ist. „Das Aktienportfolio mit Lebenszyklus kann dem Risiko entgegenwirken, durch einen starken Schock am Kapitalmarkt zum Zeitpunkt des Renteneintritts viel Vermögen zu verlieren. Deswegen eignet es sich gut als Standardoption“, sagt ZEW-Forschungsprofessor Prof. Dr. Dr. h.c. Martin Weber von der Universität Mannheim.
Um die Vielzahl möglicher Lebensumstände zu berücksichtigen, modellieren die Wissenschaftler/innen verschiedene Abweichungen von ihrem Basismodell. Dabei betrachten sie die Auswirkungen von Zahlungsunterbrechungen aufgrund von Arbeitslosigkeit und Kindererziehung auf den Wert des Aktienportfolios mit Lebenszyklus. Zudem wird der Effekt unterschiedlich langer Einzahlungszeiträume sowie der einer Einmalzahlung im Falle einer Erbschaft simuliert. Allgemein gilt: Je später Arbeitnehmer/innen beginnen einzuzahlen, desto geringer ist der Portfoliowert zu Beginn der Rentenphase. Wer erst später anfängt zu sparen, verzichtet auch auf Zinsen und Zinseszinsen.
Die Ergebnisse des Gutachtens lassen sich sowohl auf staatliche Fonds als auch auf betriebliche Altersversicherungen oder auf die private Altersvorsorge anwenden.