Der EU-Geldsegen könnte den Reformstau verlängern

Kommentar

ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zum EU-Sondergipfel

Prof. Dr. Friedrich Heinemann sieht durch das beschlossene "Next Generation EU"-Paket des Europäischen Rats die Gefahr, dass sich Reformstaus verlängern.

Nach tagelangen Verhandlungen hat sich der Europäische Rat auf das Paket für den EU-Wiederaufbauplan und den nächsten Finanzrahmen der EU verständigt. Das „Next Generation EU“-Paket, das die Erholung von der Corona-Rezession vorantreiben soll, bleibt im Volumen bei 750 Milliarden Euro. Die im Kommissionsvorschlag mit 500 Milliarden Euro eingeplanten Zuschüsse wurden allerdings auf 390 Milliarden Euro reduziert, der Rest wird den Mitgliedstaaten als Kredit zur Verfügung gestellt. Finanziert wird das ganze Paket durch EU-Schuldenaufnahme, die bis zum Jahr 2058 getilgt werden soll.

Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Forschungsbereichsleiter am ZEW Mannheim, kommentiert das Ergebnis folgendermaßen:

„Es ist gut, dass Europa sich in der schwersten Rezession der Nachkriegszeit handlungsfähig zeigt. Europa kann den ‚Sparsamen Vier' dankbar für viele wichtige Detailkorrekturen sein. So werden dem Rat mehr Rechte für die Überwachung der Mittelverwendung eingeräumt. Auch fließt das Geld schneller als ursprünglich vorgesehen. Zu begrüßen ist auch, dass ein höherer Anteil der Mittel nun nach der tatsächlichen Schwere der Rezession auf die Mitgliedstaaten verteilt wird. Trotz all dieser Fortschritte sollte man sich keinen Illusionen hingeben. Das Problem fehlender Wettbewerbsfähigkeit und geringer Wachstumsperspektive in Ländern wie Italien kann nicht mit Transfers und Krediten aus Brüssel gelöst werden. Hier helfen nur umfassende Reformen der Arbeitsmärkte, der öffentlichen Verwaltung und des Bildungs- und Innovationssystems. Eine große Gefahr ist, dass der kurzfristige EU-Geldsegen nun den Reformstau sogar verlängert.“

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