Nachhaltige Kapitalanlagen gewinnen für Finanzmarktexperten an Bedeutung

Forschung

Rund 59 Prozent sehen für ESG-Anlageprodukte ein größeres Marktpotenzial als für konventionelle Anlagen, so die Ergebnisse der Sonderumfrage des ZEW-Finanzmarkttests.

Nachhaltige Kapitalanlagen (ESG-Anlageprodukte) stehen für Finanzmarktexperten hoch im Kurs. Zu diesem Ergebnis kommt eine Sonderfrage im aktuellen ZEW-Finanzmarkttest, an dem sich rund 150 Finanzmarktexpertinnen und Finanzmarktexperten beteiligt haben. Rund 59 Prozent sehen für ESG-Anlageprodukte ein größeres Marktpotenzial als für konventionelle Anlagen. Dabei bewerten Finanzanalysten ihr Risiko etwas geringer, müssen allerdings dafür auch leichte Abstriche bei der Rendite hinnehmen. Für zwei Drittel der Expertinnen und Experten gehören ESG-Anlageprodukte aber in ihr eigenes Portfolio, wenn auch nur zu einem Anteil von unter 50 Prozent. Nachholbedarf gibt es bei ESG-Papieren allerdings bei sozialen und ökologischen Aspekten. Die Umfrage hat das ZEW Mannheim im September 2020 durchgeführt.

„Nachhaltige Kapitalanlagen werden von den Befragten insgesamt als positiv eingeschätzt. Im Vergleich zur Umfrage aus dem Jahr 2007 haben sie deutlich Aufwind bekommen“, sagt Dr. Michael Schröder, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“ und Ko-Autor der Auswertung. 59,2 Prozent sehen derzeit für nachhaltige Kapitalanlagen ein größeres Marktpotenzial als für konventionelle Anlagen; 29,3 Prozent gehen von einem gleich guten Marktpotenzial aus. Lediglich 11,6 Prozent sehen nur ein geringeres Potenzial. Im Jahr 2007 schätzten die Expertinnen und Experten das Marktpotenzial noch deutlich geringer ein (siehe Abbildung 1).

Zunehmende Gewichtung von ESG-Anlagen in eigenen Portfolios

Auch mit Blick auf die Rendite-Risikoeigenschaften halten ESG-Anlagen mit konventionellen Anlagen Schritt. Im Unterschied zu konventionellen Kapitalanlagen tendieren die Finanzmarktexpertinnen und Finanzmarktexperten eher dazu, das Risiko und auch die Rendite von nachhaltigen Kapitalanlagen etwas geringer einzuschätzen. „Rendite und Nachhaltigkeit schließen sich daher laut der Expertinnen und Experten nicht aus. 2007 beurteilten sie bei nachhaltigen Kapitalanlagen das Risiko höher und die Rendite niedriger“, kommentiert Frank Brückbauer, Wissenschaftler im ZEW-Forschungsbereich „Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement“ und zweiter Ko-Autor der Auswertung.

Dass ESG-Anlagen für Anleger immer bedeutender werden, zeigt auch die zunehmende Gewichtung in ihren eigenen Portfolios. Während in der Umfrage von 2007 noch 37,1 Prozent gar keine ESG-Anlagen in ihr Portfolio aufnehmen wollten, ist dieser Anteil der starken Skeptiker auf nur noch 4,1 Prozent in der aktuellen Umfrage gesunken (siehe Abbildung 2). Eine Mehrheit von 68,5 Prozent möchte einen Portfolioanteil von unter 50 Prozent halten, davon 39,7 Prozent zwischen 0 und 25 Prozent. 15,8 Prozent der Expertinnen und Experten würde sogar den größten Teil des Portfolios (zwischen 75 und 100 Prozent) in ESG-Anlagen investieren.

„Bei der Ausrichtung auf soziale und ökologische Aspekte haben dem Namen nach nachhaltige Kapitalanlagen noch einen erheblichen Nachholbedarf. Derzeit sehen viele Finanzmarktexperten die Kriterien noch als unzureichend berücksichtigt“, sagt Michael Schröder. 57,7 Prozent der Expertinnen und Experten sind der Ansicht, dass vermeintlich nachhaltige Kapitalanlagen diese Aspekte tatsächlich kaum einbeziehen. Allerdings ist das Vertrauen in nachhaltige Kapitalanlagen auch in dieser Hinsicht gewachsen: 42,3 Prozent geben an, dass ESG-Anlagen soziale und ökologische Aspekte stark berücksichtigen, in der Umfrage 2007 waren nur 34,4 Prozent dieser Meinung.

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