Ohne eigene Filialen vor Ort können Auslandsbanken bei privaten Kunden nicht punkten

Forschung

Der europäische Bankenmarkt ist beim Geschäft mit den privaten Kunden, dem so genannten Retail-Banking, nach wie vor stark fragmentiert. Eine zentrale Ursache dafür, dass die von der EU-Kommission angestrebte Integration der Privatkundenmärkte in der EU nicht recht voran kommt, ist, dass der Erfolg auf diesem Geschäftsfeld die Nähe zum Kunden voraussetzt.

Europäische Banken, die auch in anderen EU-Staaten das Privatkundengeschäft mit Erfolg betreiben wollen, müssen daher in diesen Märkten entweder ein eigenes Filialnetz aufbauen oder eine bereits etablierte Bank mit Filialen übernehmen. Das aber kommt teuer. Dies ist ein wesentliches Ergebnis einer Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter rund 200 Finanzmarktexperten. Gefragt wurde nach den Gründen für die mangelnde Integration der EU-Retail-Banking Märkte.

Nach Einschätzung der Experten erfolgt die Integration der Privatkundenmärkte vor allem durch das lokale Geschäft ausländischer Banken in anderen EU-Ländern und nicht durch grenzüberschreitende Geschäfte vom Heimatmarkt aus. Damit scheint die Errichtung von Filialen im Ausland oder die Übernahme ausländischer Banken mit einem bestehenden Filialnetz die beste Strategie zur Erschließung ausländischer Privatkundenmärkte zu sein. Dadurch können Auslandsbanken die unbedingt erforderliche Nähe zum Kunden, die im Retail-Banking Geschäft weiterhin sehr wichtig ist, herstellen. Deshalb sehen auch mehr als 50 Prozent der Experten in einem fehlenden Zweigstellennetz einen wesentlicher Grund dafür, dass Banken den Eintritt in die Retail-Banking Märkt anderer EU-Staaten bisher nur selten wagen.

Weitere wichtige Gründe, die Banken vom Eintritt in ausländische Privatkundenmärkte abhalten, sind der hohe Marktanteil einheimischer Banken, wie etwa der Sparkassen in Deutschland, aber auch Unterschiede im Vertrags- und Zivilrecht. Unterschiede beim Verbraucherschutz und der Produktregulierung spielen ebenfalls eine Rolle. Eher unwichtig sind nach Meinung der befragten Experten Unterschiede in den Steuersystemen sowie technische Schwierigkeiten.

Rund 38 Prozent der Experten halten darüber hinaus das Misstrauen der Kunden gegenüber ausländischen Banken für einen wichtigen und 23 Prozent sogar für einen sehr wichtigen Grund, der Banken vom Eintritt in die Retail-Banking Märkte anderer EU-Länder abhält. In Deutschland hat das Vertrauen der Kunden gegenüber ausländischen Banken seit dem Ausbruch der internationalen Finanzmarktkrise unter der Pleite von Instituten wie beispielsweise der isländischen Kaupthing Edge Bank gelitten.

Trotz der genannten Hindernisse rechnet die Mehrheit der Finanzmarktexperten damit, dass der Integrationsgrad der Privatkundenmärkte in der EU langfristig weiter zunehmen wird. Nur ein Drittel der Befragten geht davon aus, dass die EU Retail-Banking Märkte nicht weiter zusammenwachsen werden.

Ansprechpartner

Matthias Köhler, E-Mail: koehler@zew.de