ZEW-Erste Group Bank-Konjunkturindikator CEE - Konjunkturerwartungen für Mittel- und Osteuropa wieder zurückhaltender
Konjunkturindikator CEENach der Aufwärtsbewegung der Konjunkturerwartungen für den mittel- und osteuropäischen Raum (CEE) in den letzten sechs Monaten haben die Finanzmarktexperten ihre Erwartungen im Juli nach unten korrigiert. Der CEE-Indikator sinkt um 16,4 Punkte auf 4,0 Punkte. Dennoch geht mit 38,8 Prozent die Mehrheit der Umfrageteilnehmer von einer unveränderten Entwicklung der Konjunktur in der Region auf Sicht von sechs Monaten aus. Eine ähnliche Korrektur nach unten verzeichneten im Juli der ZEW-Konjunkturindikator für Deutschland sowie der ZEW/Credit Suisse-Konjunkturindikator für die Schweiz. Der CEE-Indikator wird vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Mannheim, mit Unterstützung der Ersten Group Bank, Wien, monatlich erhoben.
Die Konjunkturerwartungen für Österreich verbessern sich im Juli um 4,5 Punkte auf 14,5 Punkte. Der Konjunkturindikator für die Eurozone sinkt leicht um 0,9 Punkte und liegt nun bei 15,8 Punkten. Dabei dominieren sowohl für Österreich als auch für die Eurozone die Antworten über eine unveränderte konjunkturelle Entwicklung auf Sicht von sechs Monaten.
Die Finanzmarktexperten beurteilen die aktuelle wirtschaftliche Lage für alle untersuchten Regionen und einzelnen Länder in der Juli-Umfrage kritisch. Der entsprechende Indikator für die CEE-Region sinkt um 13,7 Punkte auf minus 75,0 Punkte. Für Österreich und die Eurozone verschlechtern sich die Salden sogar um 19,2 Punkte beziehungsweise 14,8 Punkte auf minus 45,5 Punkte beziehungsweise minus 70,0 Punkte.
Die Inflationserwartungen der befragten Experten für alle untersuchten Volkswirtschaften verschieben sich in Richtung unveränderter Inflationsraten. Für die CEE-Region prognostizieren 43,5 Prozent der Analysten, dass die Inflationsrisiken in den kommenden sechs Monaten weder zunehmen noch abnehmen werden. Ähnlich fallen die Ergebnisse für die Eurozone und für Österreich aus.
Die Prognosen der Finanzmarktexperten hinsichtlich unveränderter kurzfristiger Zinsen in der Eurozone haben sich im Juli gefestigt. 69,6 Prozent der Umfrageteilnehmer stehen hinter der Beurteilung der EZB, dass das aktuelle Zinsniveau „angemessen“ sei und erwarten keine Veränderung.
Die Aktienmarkterwartungen der Analysten auf Sicht von sechs Monaten zeigen kein einheitliches Bild. Während sich der Saldo für den Aktienindex der CEE-Region NTX marginal verbessert, sinken die Salden für den österreichischen ATX und den Eurostoxx 50 leicht. Alle Salden bleiben klar positiv.
Kroatien
Der kroatische Konjunkturindikator verliert in der Juli-Umfrage mit 21,9 Punkten am stärksten und erreicht mit minus 17,1 Punkten den niedrigsten Wert unter den analysierten Ländern. Dennoch erwartet die Mehrheit der Analysten (43,9 Prozent) keine Veränderung der Wirtschaftsentwicklung auf Sicht von sechs Monaten.
Die Beurteilungen der aktuellen Wirtschaftslage in Kroatien befinden sich mit einem Saldo von minus 69,8 Punkten (minus 13,4 Punkte gegenüber dem Vormonat) im Mittelfeld unter den CEE-Ländern.
Die Abwertungserwartungen für die Kroatische Kuna gegenüber dem Euro festigen sich im Juli. Mit 47,4 Prozent prognostiziert die Mehrheit der Experten eine Abschwächung der Landeswährung auf Sicht von sechs Monaten.
Polen
Die Konjunkturerwartungen für Polen verbessern sich im Juli leicht um 0,5 Punkte auf 11,3 Punkte. Der Anteil der Umfrageteilnehmer, die keine Veränderung der wirtschaftlichen Entwicklung auf Sicht von sechs Monaten prognostizieren, steigt wie im Vormonat deutlich an und erreicht 47,7 Prozent. Die Bewertung der aktuellen wirtschaftlichen Lage verschlechtert sich um 7,5 Punkte auf minus 45,6 Punkte. Der Polnischen Zloty steht nach Meinung der Finanzmarktexperten im nächsten halben Jahr vor einer Aufwertung gegenüber dem Euro. Diese Einschätzung teilen 56,5 Prozent der Analysten.
Rumänien
Der Konjunkturindikator für Rumänien verliert 4,6 Punkte im Juli und liegt nun bei minus 6,8 Punkten. Dabei sind die Erwartungen sehr heterogen. 35,6 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen von einer unveränderten wirtschaftlichen Entwicklung im Lande aus und der gleiche Anteil erwartet eine Verschlechterung der Konjunktur auf Sicht von sechs Monaten. 28,8 Prozent erwarten eine Konjunkturverbesserung. Die aktuelle wirtschaftliche Lage wird zunehmend kritisch beurteilt. Der entsprechende Indikator sinkt um 8,5 Punkte auf nun 76,6 Punkte. Der Saldo für die Wechselkursentwicklung deutet auf eine Abwertung der Rumänischen Lei gegenüber dem Euro hin.
Slovakei
Mit einem Rückgang von 15,0 Punkten wechseln die Konjunkturerwartungen für die Slowakei im Juli in den negativen Bereich bei minus 4,4 Punkten. Nichtsdestotrotz erwarten 52,2 Prozent der Umfrageteilnehmer keine Veränderung der Konjunktur für das kommende halbe Jahr. Die Beurteilung der aktuellen Situation verschlechtert sich um 21,7 Punkte auf minus 71,7 Punkte. Die Entwicklung des slowakischen Aktienmarktindex SAX wird von den Finanzmarktexperten vorsichtiger als für die anderen CEE-Länder eingeschätzt. Mit einem Wert im einstelligen positiven Bereich ist der Saldo Schlusslicht unter den Prognosen für die Aktienmarktindizes.
Tschechische Republik
Der Tschechische Konjunkturindikator verliert im Juli seine führende Position im Ländervergleich. Die Konjunkturerwartungen sinken um 10,6 Punkte auf 8,5 Punkte. In der aktuellen Umfrage ist eine Verschiebung von optimistischen zu neutralen Erwartungen zu beobachten. 48,9 Prozent der Finanzmarktexperten gehen von einer unveränderten Konjunkturentwicklung auf Sicht von sechs Monaten aus. Der Saldo, der die aktuelle wirtschaftliche Lageeinschätzung widerspiegelt, sinkt um 9,6 Punkte auf minus 54,1 Punkte im Juli. Dabei findet ein Rückgang der positiven zu Gunsten der neutralen Einschätzungen statt. Auch im Hinblick auf die Wechselkursprognosen gewinnen die neutralen Erwartungen zu Lasten der positiven Antworten. Dennoch dominiert weiterhin die Ansicht über eine bevorstehende Aufwertung der Tschechischen Koruna gegenüber dem Euro.
Ungarn
Nach dem deutlichen Verlust im Juni erholt sich der Konjunkturindikator für Ungarn im Juli leicht. Der Saldo steigt um 2,3 Punkte auf minus 2,1 Punkte. Wie im Vormonat geht die Mehrheit der Finanzmarktexperten (53,1 Prozent) von einer unveränderten Konjunktursituation auf Sicht von sechs Monaten aus. Die aktuelle wirtschaftliche Lage in Ungarn wird weiterhin überwiegend negativ eingeschätzt. Der entsprechende Indikator sinkt um 7,6 Punkte auf minus 85,4 Punkte. Dies ist weiterhin der niedrigste Wert in dieser Kategorie unter den analysierten Ländern.
Der Saldo, der die Prognosen der Analysten für die Entwicklung des Ungarischen Aktienmarktindex BUX widerspiegelt, verbessert sich leicht in der Juli-Umfrage und erreicht den besten Wert in dieser Kategorie.
Sonderfrage
Die Sonderfrage im Juli beschäftigt sich mit der Tourismusbranche in der CEE-Region in der bevorstehenden Sommersaison. 45 Prozent der Umfrageteilnehmer schätzen die Aussichten für die Reiseziele in Mittel- und Osteuropa besser ein als die Aussichten für Westeuropa. Dagegen stehen 41 Prozent der Analysten der CEE-Tourismusbranche kritisch gegenüber. Eine klare Mehrheit von 69 Prozent erwartet, dass der Massentourismus am Meer in der kommenden Sommersaison dominieren wird.
Weit dahinter positionieren sich mit nur 11 Prozent die Kulturreisen. An Popularität wird neben dem ohnehin dominierenden Strandtourismus der "Dorftourismus" und "Ökotourismus" gewinnen.
Die zurückgehende Zahl ausländischer und inländischer Besucher sowie die finanziellen Probleme für den Bau neuer Erholungsanlagen halten die Experten für die größte Herausforderung, vor der die Tourismusbranche in der CEE-Region in diesem Jahr steht.
Ablauf der Umfrage und Methodologie
Der Finanzmarkttest CEE ist eine monatliche Umfrage unter Finanzmarktexperten, die das ZEW Mannheim mit Unterstützung der Ersten Group Bank AG, Wien, durchführt. Ziel der Umfrage ist es, Indikatoren für das allgemeine Konjunkturklima für die Region Mittel- und Osteuropa (CEE) sowie Österreich zu entwickeln. Zur CEE-Region zählen Bulgarien, Kroatien, Tschechische Republik, Ungarn, Polen, Rumänien, Serbien, Slowakei und Slowenien.
Im Einzelnen werden die Finanzmarktexperten nach der Beurteilung der aktuellen konjunkturellen Lage sowie nach ihren mittelfristigen Erwartungen für die entsprechenden Volkswirtschaften befragt sowie nach ihrer Einschätzung hinsichtlich der Entwicklung der Inflationsrate, der kurz- und langfristigen Zinsen, der Aktienkurse und der Wechselkurse auf die Sicht von sechs Monaten. Die Experten geben bei ihren Antworten qualitative Tendenzeinschätzungen bezüglich der Veränderungsrichtung ab. Bei den beurteilten Volkswirtschaften handelt es sich um die Regionen Mittel- und Osteuropa und den Euroraum sowie Tschechische Republik, Polen, Ungarn, Slowakei, Kroatien, Rumänien und Österreich.
Detaillierte Ergebnisse zu den einzelnen mittel- und osteuropäischen Staaten sowie zu Österreich enthält der "Financial Market Report CEE", der monatlich erscheint.
Ansprechpartner
Dr. Mariela Borell, Telefon: 0621/1235-144, E-Mail: borell@zew.de