Niedriges Defizit auch ein Symptom für hohe Investitionshürden
KommentarZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zu Destatis-Zahlen zum deutschen Staatsdefizit
Nach vorläufigen Berechnungen des Statistischen Bundesamtes (Destatis) hat die Corona-Krise im Jahr 2020 zu einem Finanzierungsdefizit des Staates in Höhe von 139,6 Milliarden Euro geführt. Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" am ZEW Mannheim, erklärt dazu:
„Deutschland erzielt mit der Defizitquote von 4,2 Prozent einen hervorragenden Wert für das konjunkturelle Schreckensjahr 2020. Dies ist ein ausgesprochen niedriger Wert im Vergleich zu den zweistelligen Defizitquoten in Frankreich und Südeuropa. Diesem Wert sieht man die tiefe Rezession des letzten Jahres im Grunde kaum an. Die USA beispielsweise haben so ein niedriges Staatsdefizit seit der Finanzkrise in keinem einzigen Jahr mehr erreichen können und liegen 2020 sogar beim fast vierfachen Wert.
Dennoch gibt es keinen Grund für fiskalische Leichtsinnigkeit. Das eigentliche Problem für die Tragfähigkeit der deutschen Staatsschulden sind nicht die Corona-Defizite, sondern die dynamisch steigenden Gesundheits- und Rentenausgaben. Und hier löst die Pandemie mit immer neuen Versprechen eine Ausgabendynamik aus, die auch nach der Pandemie weiter wirken wird. Ein weiterer Wermutstropfen: Eigentlich hätte der Bund mit seinen Konjunkturpaketen im letzten Jahr lieber viel mehr Geld ausgegeben und ein höheres Defizit machen wollen. Das ist aber an den Engpässen in der Verwaltung und den langwierigen bürokratischen Prozessen in der Abwicklung gescheitert. Insofern ist das niedrige Defizit auch ein Symptom für die Last der Bürokratie und die hohen Hürden für Investitionen in Deutschland.“