Ohne lokal differenzierte Strompreise keine Energiewende

Forschung

Das Forschungspapier zur Energiewende ergibt, dass Strompreise nicht zentral geregelt werden sollten.

Der Strompreis sollte nicht wie bisher bundesweit einheitlich gebildet werden, sondern die lokalen Bedingungen des physischen Netz berücksichtigen. Zu diesem Schluss kommt das aktuelle Forschungspapier eines Konsortiums von TU München, FIM/FIT Fraunhofer, DIW Berlin, EWI Institut der Universität zu Köln, und ZEW Mannheim im Rahmen des vom BMBF geförderten und vom Projektträger Jülich begleiteten Kopernikus-Projektes SynErgie.

Durch den steigenden Anteil der Erneuerbaren Energien gerät das Stromsystem immer öfter an seine physischen Grenzen. So müssen heute bereits Windkraftanlagen in manchen Regionen gedrosselt werden, weil die Kapazitätsgrenze des Stromnetzes erreicht ist. Derartige Eingriffe kosten nicht nur über eine Milliarde Euro pro Jahr, sondern bringen auch die Energiewende ins Stocken.

„Ohne das passende Marktdesign kann die Energiewende nicht gelingen. Der bisherige Strommarkt bildet die physischen Gegebenheiten des Netzes nicht unmittelbar ab, sondern setzt auf nachträgliche Anpassungen. Flexibilität auf der Nachfrageseite, welche die Integration volatiler Erneuerbarer Energien in das Stromsystem unterstützen würde, wird nicht ausreichend belohnt“, erklärt Dr. Marion Ott, Wissenschaftlerin am ZEW Mannheim und Co-Autorin der Studie. So ist der bisherige Strommarkt nicht in der Lage, Engpässe der Leitungskapazität abzubilden. Zwar könnten die Windparks im Norden die hohe Nachfrage großer Industrieunternehmen im Süden decken. Ist das Netz jedoch aufgrund fehlender Kapazität nicht in der Lage, die  produzierte Strommenge in den Süden zu liefern, werden Windkrafträder heruntergeregelt und fossile oder andere Kraftwerke im Süden aktiviert. „Erneuerbare Energien erzeugten im Jahr 2020 bereits knapp die Hälfte des deutschen Stroms und haben die fossilen Kraftwerke bereits überholt. Durch die wachsenden Anteile Erneuerbarer Energien wird eine Anpassung des Stromsystems immer dringlicher“, so Ott weiter.

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Stromsystem in einem großen Schritt reformieren

Gemeinsam mit Experten/innen aus der Energiewirtschaft schlägt das Forschungsteam ein sogenanntes nodales Preissystem vor, um den Strommarkt flexibler zu machen für hohe Anteile an Erneuerbaren Energien. Dabei würde der Strommarkt zur Bestimmung der Preise in regionale Knoten aufgeteilt. Zwischen diesen würde sich der Strompreis abhängig von Engpässen in den Übertragungskapazitäten unterscheiden. „Ein nodales Preissystem wird nicht nur den unterschiedlichen Netzkapazitäten gerecht, sondern setzt auch Anreize zu lokaler Nachfrageflexibilität. Energieintensive Industrieunternehmen könnten beispielweise ihre Produktionsprozesse auf ein sich veränderndes Stromangebot anpassen. Das setzt jedoch entsprechende Preissignale voraus“, sagt ZEW-Ökonomin Ott. „Der Übergang vom jetzigen zu einem nodalen Preissystem sollte möglichst in einem Schritt erfolgen, um möglichen Pfadabhängigkeiten und politischen Unsicherheiten vorzubeugen.“

Über Marktdesign

Marktdesign ist ein Forschungsstrang innerhalb der Volkswirtschaftslehre, der sich der Analyse und Optimierung von Märkten widmet. Das Ziel ist dabei, die Leistungsfähigkeit existierender Märkte durch aktive Gestaltung der Marktregeln zu verbessern. Zu diesem Zweck untersucht Wissenschaftler/innen die Eigenheiten des jeweiligen Markts und identifizieren die herrschenden Wirkmechanismen. Um einen Marktmechanismus zu finden, der die Ziele des Marktbetreibers bestmöglich erreicht, werden theoretische, experimentelle und empirische Methoden eingesetzt. Größere Bekanntheit erlangte Marktdesign durch die Auszeichnung der US-amerikanischen Ökonomen Al Roth, Paul R. Milgrom und Robert B. Wilson mit dem Wirtschaftsnobelpreis in den Jahren 2012 und 2020, die als Mitbegründer der Forschungsdisziplin gelten. Am ZEW Mannheim besteht seit dem Jahr 2016 eine Forschungsgruppe Marktdesign, die 2020 zu einem Forschungsbereich erhoben wurde.

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Dominic Egger
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