Öffentliche Vergabeprofis rücken Kosten- und Reputationskriterien in den Fokus

Forschung

Die EU-Vorschriften schränken die Möglichkeit von öffentlichen Einkäufern ein, Bieter mit schlechtem Ruf auszuschließen.

Für Einkäufer im öffentlichen Beschaffungswesen in Deutschland und Finnland ist es ausschlaggebend, die Vergabe öffentlicher Aufträge an Bieter mit schlechtem Ruf zu vermeiden. Ihre Möglichkeiten dies zu tun, können jedoch in der Praxis eingeschränkt sein. Laut einer aktuellen EconPol-Studie unter Mitarbeit des ZEW Mannheim scheuen öffentliche Einkäufer zudem Beschaffungen, die die erwarteten Kosten übersteigen oder lehnen diese ab, wenn die geforderte Qualität nicht stimmt.

„Das Überschreiten des Budgets wird in der Verwaltung als schlimm empfunden. Das Unterschreiten des angesetzten Budgets spielt dagegen eine deutlich geringere Rolle. Dies rührt daher, dass Budgetübertretungen häufig in der Öffentlichkeit stark kritisiert werden,  Kosteneinsparungen in ähnlicher Höhe aber nicht die  gleiche Wertschätzung genießen”, erklärt EconPol-Forscher Janne Tukiainen, einer der Autoren der Studie.

„Entscheidungsträger im öffentlichen Vergabewesen geben an, dass sie bei ihrer Arbeit einen erheblichen Ermessensspielraum haben. Die Art und Weise, wie Entscheidungen getroffen werden, wird jedoch weitgehend als Black Box betrachtet. Wir haben in unserer Studie untersucht, wie öffentliche Beschaffer verschiedene Merkmale von Beschaffungsergebnissen bewerten”, sagt Sebastian Blesse, Co-Autor der Studie.

Wichtig ist für Entscheidungsträger ein gewisses Maß an Wettbewerb im Ausschreibungsprozess. Dass es daran im öffentlichen Beschaffungswesen in Deutschland und Finnland häufig mangelt, ist somit nicht auf die in diesem Bereich tätigen Entscheider  zurückzuführen. Auch das Risiko von Rechtsstreitigkeiten oder die Bevorzugung regionaler Anbieter erwies sich in der Untersuchung für die öffentlichen Einkäufer weniger wichtig.

Die Studie fragte die Beschaffer zudem nach ihrer Einschätzung größten Gefahren für einen wünschenswerten Ablauf des Vergabeprozesses. Die meist gewählte Antwort waren strenge bürokratische Auflagen für den Vergabeprozess, da sie die optimale Ausübung des Ermessensspielraums für Vergabemitarbeiter behindern. Beispielsweise schränken EU-Vorschriften die Möglichkeit von öffentlichen Einkäufern ein, Bieter mit schlechtem Ruf auszuschließen.

Über die Studie

Die Ergebnisse basieren auf Umfrageexperimenten, in denen die relative Bedeutung mehrerer Merkmale hypothetischer Ausschreibungsergebnisszenarien untersucht wurde. Mehr als 900 für die Beschaffung in der öffentlichen Verwaltung zuständige Sachbearbeiter in Finnland und Deutschland nahmen daran teil. Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit der Aalto University, der finnischen Wettbewerbs- und Verbraucherbehörde, der Universität Turku, dem VATT-Institut für Wirtschaftsforschung und dem ZEW Mannheim durchgeführt.

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