Subventionsmissbrauch schwächt massiv die Wirksamkeit chinesischer Innovationspolitik

Forschung

„Innovation Made in China“

42 Prozent der Empfänger von FuE-Subventionen haben diese staatlichen Mittel im Zeitraum 2001 bis 2011 vollständig oder zumindest teilweise für Nicht-Forschungszwecke ausgegeben.

Die chinesische Regierung hat sich mit dem 14. Fünfjahresplan das ehrgeizige Ziel gesetzt, eine stärker innovationsbasierte Wirtschaft zu schaffen und bis zum Jahr 2050 die Weltspitze in Wissenschaft und Technik zu erreichen. Dafür sollen die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE) zwischen 2021 und 2025 um mindestens sieben Prozent jährlich steigen. Um dieses Ziel zu realisieren, sind unter anderem umfangreiche Subventionen für die Durchführung von FuE in Unternehmen geplant. Jedoch ist es damit nicht getan: Wie eine aktuelle Studie des ZEW Mannheim zeigt, ist Subventionsmissbrauch in der Vergangenheit in China weit verbreitet gewesen und steht schon lange einem effizienten Einsatz der staatlichen Fördermittel im Wege. Daher wurde bereits im Jahr 2006 eine Neuausrichtung von Chinas Innovations- und Industriepolitik von zahlreichen Maßnahmen begleitet, um sowohl die Förderinstrumente zu verbessern als auch deren Missbrauch einzudämmen. „Sollten solche Maßnahmen in Zukunft noch besser greifen, wird China ein zunehmend innovativer Wettbewerber auf dem Weltmarkt werden und gewinnt gleichzeitig an Attraktivität als FuE-Standort für ausländische Unternehmen“, ordnet Dr. Philipp Böing, Chinaexperte am ZEW, die Ergebnisse der Studie ein.

In China ist der Anteil der Subventionsempfänger unter den börsennotierten Unternehmen nach der Jahrtausendwende enorm gestiegen: Betrug er 2001 noch 31,7 Prozent, lag er 2011 bereits bei 90,0 Prozent. Durchschnittlich waren rund 10 Prozent der gesamten staatlichen Unternehmenssubventionen speziell für FuE-Aktivitäten vorgesehen. Die aktuelle ZEW-Studie zeigt jedoch, dass 42 Prozent der Empfänger von FuE-Subventionen diese staatlichen Mittel im Zeitraum 2001 bis 2011 vollständig oder zumindest teilweise für Nicht-Forschungszwecke ausgegeben haben. Diese Form des Subventionsmissbrauchs wurde in der Studie gemessen durch einen Vergleich der von den Unternehmen in ihren Geschäftsberichten jeweils veröffentlichten FuE-Ausgaben und den erhaltenen FuE-Subventionen. Insgesamt flossen 53 Prozent aller für FuE vorgesehenen Subventionszahlungen in andere Nicht-Forschungszwecke. Oftmals werden die Fördermittel zur Quersubventionierung von Investitionen ohne FuE-Bezug zweckentfremdet, was auch zur raschen Senkung von Produktionskosten und Wettbewerbsverzerrung auf internationalen Märkten führen kann. Die Einhaltung der Förderrichtlinien sollte jedoch auch im Sinne der chinesischen Regierung sein. „Die Steigerung der FuE-Ausgaben durch geförderte Unternehmen hätte doppelt so hoch sein können, wie sie es tatsächlich war. Allerdings würde dies ein Ende des Subventionsmissbrauches voraussetzen“, bestätigt Böing. Dies hätte auch zu einem weiteren Anstieg der Investitionen in Sachanlagen, Beschäftigung und Umsatz der Unternehmen geführt. Keine Effekte zeigte die FuE-Förderung in China der Studie zufolge jedoch auf die Produktivität der Unternehmen, die Anzahl an Hightech-Erfindungen und Hochschulkooperationen sowie die Beschäftigung ausländischer Wissenschaftler.

Allerdings offenbart die ZEW-Analyse auch Optimierungspotenzial bei der Auswahl der geförderten Unternehmen. „Bei Staatsbetrieben bleibt die FuE-Förderung bislang völlig ohne Wirkung“, kommentiert Ko-Autorin Prof. Dr. Bettina Peters, „und auch die Unterstützung des Hochtechnologiesektors sollte in Zukunft noch differenzierter gestaltet werden.“ Insgesamt zeigte eine Förderpolitik umgesetzt durch weniger häufige Subventionszahlungen bzw. kleinere Beträge ein besseres Ergebnis. „Mit dem im Jahr 2020 ausgelaufenen Mittel- bis Langfristplan für die Entwicklung von Wissenschaft und Technik konnte China bereits einige strukturelle Probleme seines Innovationssystems angehen, und notwendige Verbesserungen einleiten“, so Peters. Außerdem wurde die Verwaltung von Förderprogrammen so umstrukturiert, dass Unternehmen nun genauer ausgewählt und die Verwendung der Subventionen besser kontrolliert werden können. Diese Reformen zeigten eine deutliche Wirkung, wie die ZEW-Studie bestätigt. Gelingt es mit dem 14. Fünfjahresplan eine weitere Verbesserung von Konzeption und Implementierung der chinesischen Innovationspolitik durchzusetzen, ist zu erwarten, dass künftig auch die Unternehmensproduktivität steigen und zu einem Wirtschaftswachstum aufgrund von „Innovation Made in China“ führen wird. Politik und Wirtschaft in Europa sollten sich bereits jetzt für eine weitere Intensivierung des Wettbewerbs in Hochtechnologiesektoren rüsten, so die Autoren.

Allgemeine Dokumente

ZEW-Kurzexpertise „A New China Shock?“ (in englischer Sprache)

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