Übergewichtung Italiens im PEPP gesunken
ForschungZEW-Studie zu den EZB-Anleihekaufprogrammen
Die EZB steht vor der Entscheidung über die Zukunft ihrer Anleihekaufprogramme. Eine neue Studie des ZEW Mannheim mit Unterstützung der Brigitte Strube Stiftung hat die Länderaufteilung der Käufe im Zeitverlauf untersucht. Dabei zeigt sich, dass die EZB seit Beginn der Pandemie die Anleihen von Zypern, Italien, Slowenien, Spanien und Irland in ihren beiden Kaufprogrammen PSPP und PEPP deutlich übergewichtet hat. Das PSPP ist das ältere Programm und seit 2015 aktiv während das PEPP als Krisenprogramm zu Beginn der Pandemie im März 2020 aufgelegt worden ist. Die Abweichungen der Länderkäufe vom Referenzmaßstab des EZB-Kapitalschlüssels sind in diesem Jahr geringer als im Jahr 2020. War Italien im ersten Jahr der Pandemie im PEPP noch mit 13,1 Prozent stark übergewichtet, lag die Abweichung von Januar bis September 2021 nur noch bei plus 2,5 Prozent.
Trotz dieser jüngsten Annäherung der Käufe an den EZB-Kapitalschlüssel weisen die Anleihebestände der Euro-Zentralbanken bezogen auf die Wirtschaftsleistung der Eurostaaten ein sehr hohes Ungleichgewicht auf. Für Spanien, Portugal und Italien liegt das Verhältnis zum BIP schon nahe bei 40 Prozent. Für andere Eurostaaten wie die baltischen Staaten, Luxemburg, Malta und Irland erreicht diese Quote nicht einmal 15 Prozent. Das Verhältnis der Anleihebestände in den Zentralbankbilanzen zur Staatsschuld beträgt im Durchschnitt der Eurozone der Studie zufolge schon fast 30 Prozent. Damit wird für immer mehr Länder die Schwelle von 33 Prozent überschritten. Diese Grenze hat eine besondere Bedeutung, weil sie im PSPP als maximal zulässige Obergrenze für die Ankäufe eines Landes gilt. Oberhalb dieser Grenze erlangt der EZB-Rat in künftigen Verhandlungen über einen Schuldenschnitt ein Vetorecht. „Mit dieser Entwicklung wird die EZB immer mehr zum mächtigsten Kreditgeber, der in zukünftigen Schuldenkrisen das Sagen hat“, sagt Prof. Dr. Friedrich Heinemann, Studienleiter am ZEW.
Derzeit hat die EZB die geplanten PEPP-Käufe bis März 2022 befristet und eine Obergrenze von 1.850 Milliarden Euro festgelegt. Die ZEW-Untersuchung nimmt eine Projektion der Käufe mit dem aktuellen Tempo bis zum März vor. Die Ergebnisse zeigen, dass die Käufe auf eine Punktlandung zusteuern und die bislang gesetzte Obergrenze genau ausschöpfen dürften. „Das bedeutet aber auch, dass es kaum einen Spielraum für zusätzliche Käufe im Fall von ökonomischen Rückschlägen in der Pandemie über die Wintermonate gibt“, ordnet ZEW-Koautor Carlo Birkholz das Ergebnis ein.
Die Untersuchung bringt für Griechenland eine Besonderheit zutage: Das Verhältnis der bisherigen PEPP-Käufe von griechischen Staatsanleihen zum BIP liegt mit 18 Prozent sehr weit über allen anderen Euro-Staaten. „Griechenland ist wie kein anderes Euro-Land in seiner Corona-Krisenfinanzierung vom PEPP abhängig“, sagt Friedrich Heinemann.
Die Autoren der Studie kommen zur Schlussfolgerung, dass dem EZB-Rat eine schwierige Entscheidung über die Zukunft der Anleihekaufprogramme bevorsteht. „Der EZB-Rat steht vor einer Gratwanderung. Einerseits muss er die Anleihekäufe bei einer weiteren ökonomischen Normalisierung dringend herunter fahren, um sich nicht noch stärker dem Vorwurf der monetären Staatsfinanzierung auszusetzen. Andererseits ist unsicher, ob einige hoch verschuldete Staaten der Eurozone ohne diese Anleihekäufe liquide bleiben können“, resümiert Friedrich Heinemann.