Gesetz gegen Hass und Hetze im Netz zeigt Wirkung
ForschungZEW-Analyse zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz
Hass und Hetze finden auf den Sozialen Medien weite Verbreitung. Nutzer setzen sich im Netz fast ungehemmt über Regeln und Strafgesetze hinweg und beleidigen, verleumden oder bedrohen Personen. Um dagegen vorzugehen, gilt in Deutschland seit 2017 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Die Regelung zur Verringerung von Hasskriminalität im Netz wirkt, wie eine aktuelle Studie des ZEW Mannheim belegt.
Am Beispiel des Kurznachrichtenanbieters Twitter weisen die Forscherinnen nach, dass sowohl die Anzahl als auch die Intensität von Hasskommentaren aufgrund des Gesetzes messbar zurückgegangen sind. Dies führt gleichzeitig dazu, dass weniger Hasskommentare retweetet oder geliked werden – damit ist durch das Gesetz der Ton im Netz also auch insgesamt etwas freundlicher geworden. Die ZEW-Studie zeigt, dass die Anzahl der eigentlichen Hass-Tweets durch das NetzDG um durchschnittlich 10 Prozent reduziert wurde. Um die volle Wirkung der Regelung zu verstehen, muss jedoch die Zahl der Reaktionen der Community zusätzlich berücksichtigt werden. In der Untersuchung wurden Hassnachrichten im Durchschnitt viermal retweetet. Wird eine Hassbotschaft nicht versendet, unterbleibt somit die übliche Vervielfältigungskaskade weiterer Hass-Tweets und trägt damit zu einer angemesseneren Nutzung der Plattform bei.
„Die Untersuchung zeigt deutlich die Überlegenheit einer gesetzlichen Regelung zur Reduzierung von Hassbotschaften im Netz gegenüber der reinen Selbstverpflichtung von Anbietern sozialer Netzwerke. Bedeutsam wird dies vor allem vor dem Hintergrund, dass Worten des Hasses immer öfter Taten folgen und sogar zu extremen Ausschreitungen wie etwa der am US-Capitol vor einem Jahr führen können. In der EU wie auch in anderen Staaten wird derzeit über vergleichbare Gesetze nach deutschem Vorbild diskutiert. Um dabei möglichst effektive Maßnahmen zu wählen, sollten die Wirkungen gründlich analysiert werden“, sagt Raphaela Andres, Wissenschaftlerin im ZEW-Forschungsbereich „Digitale Ökonomie“ und Studienautorin.
„Ungeachtet des Nutzens der deutschen Regelung lässt sich diskutieren, wie diese noch effizienter gestaltet sein könnte. Eine Möglichkeit für die weitere Eindämmung von Hassbotschaften wäre etwa ein vereinfachtes Beschwerdeverfahren für Nutzer. Derzeit müssen diese selbst die genaue Straftat benennen und dabei unterschreiben, dass eine falsche Beschuldigung eine Verletzung der Plattformregelungen darstellt. Eine Meldung von Hassnachrichten wird damit für den Nutzer zum Risiko und damit zum Hindernis einer effizienteren Hassbekämpfung im Netz“, sagt Olga Slivko von der Erasmus Universität in Rotterdam und Mitautorin der Studie.