Kein systematisches Greenwashing in der US-Metallindustrie

Forschung

Die Verteilung der „nachhaltigen“ und „nicht-nachhaltigen“ Metallindustrie im Nordosten der USA.

Stellen sich metallverarbeitende Unternehmen in den USA hinsichtlich ihrer Schwefeldioxid-Emissionen umweltfreundlicher dar, als sie tatsächlich sind? Um dies zu untersuchen, wendet ein Wissenschaftsteam unter ZEW-Beteiligung eine neue Methode an, die Satellitendaten mit Unternehmensdaten und Webtext-Mining kombiniert.

Das Thema Nachhaltigkeit hat in den vergangenen Jahren an Bedeutung gewonnen, insbesondere die Emission von Schadstoffen und die damit einhergehende Luftverschmutzung. Eine der gesundheitsschädlichsten Substanzen ist dabei Schwefeldioxid (SO2). Das Gas ist ein Auslöser für Feinstaubbildung und sauren Regen. Es wird unter anderem durch Produktionsprozesse in der Metallindustrie freigesetzt, die weltweit eine der größten Emissionsquellen darstellt.

Links
Allgemeine Dokumente

ZEW Discussion Paper „Greenwashing in the US Metal Industry?“ (in englischer Sprache)

„Greenwashing“: Grünes Image, aber keine Maßnahmen

Sozialer Druck und die Vorteilhaftigkeit eines „grünen Images“ führen dazu, dass sich viele Unternehmen als besonders engagiert beim Thema „Nachhaltigkeit“ präsentieren. Dabei kommt es mitunter zum sogenannten „Greenwashing“, wenn die positive Eigendarstellung eines Unternehmens stark von seiner tatsächlichen Umweltbelastung abweicht. Unternehmen, die Greenwashing betreiben, verpassen sich also ein grünes Image, ohne effektive Maßnahmen umzusetzen, die mit hohen Kosten verbunden sein können.

Greenwashing aufzudecken, ist allerdings schwierig. Hierfür entwickelte ISTARI.AI – ein Start-up, das mithilfe künstlicher Intelligenz webbasierte Wirtschaftsdaten in Echtzeit liefert – in Kooperation mit Forschern des ZEW sowie der Universitäten Salzburg, Heidelberg, Gießen und Harvard (USA) einen innovativen Ansatz. Die Eigendarstellung der Unternehmen anhand ihrer Webseiten wird mithilfe von Webtext-Mining analysiert, und die gewonnenen Daten werden mit global verfügbaren Schadstoffdaten des Sentinel-5-Precursor-Satelliten und Unternehmensdaten der Harvard University („Infogroup US Historical Business Data“) kombiniert.

Rund acht Prozent der US-Metallindustrie wirtschaften nachhaltig

ISTARI.AI scannt mit der webAI Unternehmenswebseiten, analysiert und erkennt relevante Informationen mithilfe künstlicher Intelligenz und stellt die Daten in Echtzeit zur Verfügung. Mit ihrer Hilfe untersuchte das Forschungsteam die Webseiten von 9.430 Unternehmen der US-Metallindustrie. Dabei wird die Eigendarstellung der Unternehmen zwei Kategorien zugeordnet, nachhaltigen Unternehmen und nicht nachhaltigen Unternehmen. Insgesamt wurden so 760 Unternehmen der US-Metallindustrie als nachhaltig klassifiziert (8,1 Prozent) und 4.821 Unternehmen (51,3 Prozent) als nicht nachhaltig. Weitere 3.822 Unternehmen (40,6 Prozent) besaßen keine eigene Website und wurden daher auch nicht von webAI bewertet.

Die Landkarte zeigt beispielhaft die Verteilung der nachhaltigen und nicht-nachhaltigen Metallindustrie im Nordosten der USA. Es wird deutlich, dass es eine Ballung nachhaltiger Unternehmen gibt, vor allem im Norden von Chicago, aber beispielsweise auch in Dayton, Pittsburgh und Buffalo.

Im Abgleich mit den Satellitendaten zeigte sich, dass die metallverarbeitenden Unternehmen, die laut Selbstdarstellung nachhaltig wirtschaften, tatsächlich einen geringeren Einfluss auf die lokalen SO2-Konzentrationen haben als die nicht-nachhaltigen Unternehmen. Folglich gibt es keine Hinweise auf ein systematisches Greenwashing in der US-Metallindustrie. Dies bezieht sich jedoch auf die gesamte Industrie und nicht auf einzelne Unternehmen; in Einzelfällen kommt es vermutlich zu Greenwashing. Außerdem sollten die Ergebnisse vorsichtig interpretiert werden, da zwei Fünftel der betrachteten Unternehmen über keine eigene Webseite verfügten und somit nicht in die Untersuchung einbezogen werden konnten.