Stärkere Regulierung offener Immobilienfonds bei institutionellen Anlegern sinnvoll
ForschungAnhaltende Liquiditätsprobleme haben offene Immobilienfonds in Deutschland veranlasst, rund 26 Milliarden Euro und damit rund ein Drittel des investierten Kapitals einzufrieren. Das Bundesministerium der Finanzen diskutiert nun einen Gesetzentwurf, der offenen Immobilienfonds in Deutschland künftig helfen soll, zu starke kurzfristige Liquiditätsabflüsse zu begrenzen. Zu der geplanten stärkeren Regulierung hat das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim Finanzmarktexperten in Deutschland befragt.
Die vorgeschlagene Einführung von Mindesthaltedauern und Kündigungsfristen für Anleger sowie pauschaler Bewertungsabschläge bei vorzeitiger Rückgabe der Fondsanteile wird von den Finanzmarktexperten gerade im Hinblick auf institutionelle Anleger als hilfreich erachtet, um die Liquiditätsprobleme der Fonds zu lösen. Überzeugt zeigen sich die Experten allerdings auch davon, dass bei offenen Immobilienfonds, die die Rücknahme von Anteilsscheinen ausgesetzt haben, Abwertungen drohen.
Von der Aussetzung der Rücknahme von Anteilsscheinen sind nicht nur Privatanleger, sondern zunehmend auch institutionelle Anleger betroffen. Das Bundesministerium der Finanzen plant deshalb eine stärkere Regulierung offener Immobilienfonds. Im Wesentlichen sollen Mindesthaltedauern sowie Kündigungsfristen für die Anleger gesetzlich verankert werden. Auch pauschale Bewertungsabschläge auf die von Sachverständigen ermittelten Immobilienwerte sind vorgesehen, haben aber nach derzeitigem Stand der Diskussion wohl kaum eine Chance, umgesetzt zu werden.
Insgesamt ergibt die Expertenbefragung des ZEW ein uneinheitliches Meinungsbild: Knapp 38 Prozent der Experten, die geantwortet haben, gehen davon aus, dass die Einführung von Kündigungsfristen und Mindesthaltedauern ausreicht, um die Probleme der Fonds zu lösen. Gut 37 Prozent halten eine stärkere Regulierung von offenen Immobilienfonds nicht für notwendig, um künftigen Liquiditätsproblemen des Anlageprodukts entgegen zu treten. Ein Viertel der Befragten befürwortet Maßnahmen, die über Mindesthaltedauern und Kündigungsfristen hinausgehen.
Ein etwas anderes Bild zeigt sich bei der gesonderten Beurteilung der Regulierungsmaßnahmen für institutionelle und private Anleger. Die Finanzmarktexperten sprechen sich vor allem für eine stärkere Regulierung der institutionellen Anleger aus: Gut 27 Prozent plädieren dafür, Mindesthaltedauern und Kündigungsfristen sowie Abschläge bei vorzeitiger Rückgabe auf institutionelle Anleger anzuwenden. Für private Anleger halten dagegen lediglich sieben Prozent die drei Vorschläge für zielführend. Rund 60 Prozent der befragten Experten halten die Anwendung von mindestens zwei der genannten Regulierungsinstrumente auf institutionelle Anleger für sinnvoll, während es in Bezug auf die Privatanleger lediglich knapp 29 Prozent sind.
Einig sind sich die Experten, dass bei offenen Immobilienfonds, die die Rücknahme von Anteilsscheinen ausgesetzt haben, mit Abwertungen zu rechnen ist. Von den Befragten, die hierzu eine Einschätzung abgaben, rechnen fast 90 Prozent mit Abwertungen, die meisten davon allerdings mit weniger als 10 Prozent. Knapp 28 Prozent erwarten aber auch Abwertungen von über 10 Prozent. Allerdings gaben fast 30 Prozent aller Befragten zu dieser Frage keine Einschätzung ab. Das verdeutlicht die Unsicherheit bezüglich der aktuellen Lage der betroffenen offenen Immobilienfonds.
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Prof. Dr. Felix Schindler, E-Mail: schindler@zew.de
Dr. Peter Westerheide, E-Mail: westerheide@zew.de