ZEW Energiemarktbarometer - Löwenanteil an den Milliardengewinnen einer Laufzeitverlängerung von AKWs wird in den Kassen der Betreiber bleiben

Forschung

Eine Verlängerung der Restlaufzeiten für Kernkraftwerke (AKW) würde den Betreibern von AKWs Milliardengewinne einbringen. Die Aussichten der Bundesregierung, den Großteil dieser Zusatzgewinne bei den Betreibern abzuschöpfen und in die leere Staatskasse umzuleiten, stehen allerdings schlecht. Zu diesem Ergebnis kommt das aktuelle ZEW Energiemarktbarometer, das im Mai 2010 erhoben wurde. Im Rahmen des halbjährlich veröffentlichten Energiemarktbarometers befragt das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim rund 200 Energieexperten aus Wissenschaft und Praxis zu den Entwicklungen an den Energiemärkten.

Sonderabgaben in Verbindung mit der Verlängerung von AKW-Laufzeiten sind ein wesentlicher Punkt der Haushaltssanierung wie sie die Bundesregierung Anfang dieser Woche angekündigt hat. 65 Prozent der vom ZEW befragten Energiemarktexperten gehen allerdings davon aus, dass es der Bundesregierung nicht gelingen wird, bei einer Verlängerung der AKW-Laufzeiten den von ihr angestrebten Anteil an den anfallenden zusätzlichen Milliardengewinnen zu vereinnahmen. Dagegen geht nur etwa ein Fünftel der befragten Energiemarktexperten davon aus, dass die Bundesregierung die Zusatzgewinne vollständig oder zumindest zum überwiegenden Teil abschöpfen kann. "Die Ansicht der Experten, dass die Staatskasse von einer Laufzeitverlängerung nicht in großem Umfang profitieren würde, könnte darauf zurückzuführen sein, dass sich die politischen Widerstände gegen ähnliche Bestrebungen in der Vergangenheit als stark erwiesen haben. Eine Rolle dürfte aber auch spielen, dass die genauen Zahlen zu möglichen Zusatzgewinnen in erster Linie den Betreibern der AKWs bekannt sind und nicht der Politik", sagt Dr. Andreas Löschel, Umweltökonom am ZEW.

Die Vereinnahmung von Zusatzgewinnen durch die öffentliche Hand ist sowohl Bestandteil der aktuellen Finanzplanungen zur Einhaltung der Schuldenbremse als auch Grundpfeiler des angekündigten Energiekonzepts der Bundesregierung. Im Koalitionsvertrag von 2009 schreiben CDU, CSU und FDP: Der wesentliche Teil der zusätzlich generierten Gewinne aus der Laufzeitverlängerung der Kernenergie solle von der öffentlichen Hand vereinnahmt werden. Sollte allerdings die Brennelementesteuer, die jüngst im Rahmen der Sparklausur vorgeschlagen wurde, tatsächlich realisiert werden, verzichtet der Staat auf genau diesen wesentlichen Teil der Gewinne, sofern nicht zusätzliche Maßnahmen zur Gewinnabschöpfung ergriffen werden.

"Die neuerdings diskutierte Steuer auf Brennelemente wird auf Dauer die Zusatzgewinne bei den Betreibern nicht abschöpfen", kommentiert Dr. Andreas Löschel. Berechnungen zeigen, dass die Mehreinnahmen aus einer möglichen AKW-Laufzeitverlängerung in der Zukunft bei etwa fünf Milliarden Euro jährlich liegen könnten. Zwar würde mit einem erwarteten Aufkommen aus der Brennelementesteuer von mehr als zwei Milliarden Euro der Zusatzgewinn in der ersten Zeit vollständig abgeschöpft. "Das Gros der Zusatzgewinne wird aber erst auf mittlere und lange Sicht anfallen, wenn die Laufzeiten der Atomkraftwerke tatsächlich die beim Atomausstieg beschlossenen Grenzen überschreiten", sagt Dr. Andreas Löschel. Diese Gewinne werden das Aufkommen aus der Brennelementesteuer dann erheblich übersteigen. Insbesondere gilt dies, da die Brennelementesteuer allein auf die Stromproduktion erhoben wird und den Strompreis außer Acht lässt, bei dem in den kommenden Jahren eher mit einem Anstieg als mit einer Verringerung zu rechnen ist.

Hintergrund Zusatzgewinne

Zusatzgewinne bei einer Laufzeitverlängerung entstehen durch die relativ niedrigen Erzeugungskosten von ca. 2,65 Cent pro Kilowattstunde in den bereits abgeschriebenen Meilern. Die Differenz zum Börsenpreis für Strom von ca. 5,4 ct/kWh ergibt den Gewinn je erzeugter Kilowattstunde aus Kernenergie. Eine Verlängerung der Laufzeiten für Atomkraftwerke würde diese Gewinne auch in Zukunft ermöglichen.

Hintergrund Energiemarktbarometer

Das ZEW Energiemarktbarometer ist eine halbjährliche Befragung von rund 200 Experten aus Wissenschaft und Praxis (Energieversorgungs-, -handels- und -dienstleistungsunternehmen). Sie werden zu ihren Erwartungen hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Entwicklungen auf den nationalen und internationalen Energiemärkten befragt. Die vollständigen Ergebnisse der aktuellen Befragung (Befragungszeitraum: Mai 2010) werden in den ZEW News 07/08-2010 veröffentlicht.

Für Rückfragen zum Inhalt

Prof. Dr. Andreas Löschel, Telefon: 0621/1235-200, E-Mail: loeschel@zew.de

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