ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann zur Steuerschätzung des Bundes

Kommentar

„Finanzielle Realitätsverweigerung“

Die wachsende Kluft zwischen Ausgabewünschen und Steuereinnahmen macht die aktuelle Sozialpolitik in Bereichen wie Rente, Pflege und Gesundheit unhaltbar.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat die Ergebnisse der Frühjars-Steuerschätzung vorgestellt. Der Arbeitskreis Steuerschätzungen hat hierfür die Prognosen für die Steuereinnahmen der Jahre 2024 bis 2028 erarbeitet. Der Leiter des Forschungsbereichs „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ am ZEW Mannheim und Professor an der Universität Heidelberg, Friedrich Heinemann, erklärt dazu:

„Die Lücke zwischen den politischen Ausgabewünschen und den verfügbaren Steuereinnahmen wird jetzt rasch wachsen. Die Zeiten, in denen niedrige Zinsen und immer neue Beschäftigungsrekorde Zielkonflikte überdeckt haben, sind endgültig vorbei. Die Regierung, aber auch die deutsche Öffentlichkeit stecken hier immer noch in der finanziellen Realitätsverweigerung fest. Die bisherige Sozialpolitik ist in der Rente, Pflege, Gesundheit und beim Bürgergeld nicht mehr finanzierbar. Die Ampel mag sich bis zum Wahljahr 2025 noch durchmogeln, spätestens danach ist Kassensturz angesagt. Und dann wird es um Leistungskürzungen, Steuererhöhungen und entschlossene Bemühungen zu mehr Effizienz im öffentlichen Haushalt gehen müssen. Die strukturell immer weiter steigenden Defizite lassen sich nicht mehr lange verdrängen.“