Magere Zwischenbilanz bei Bachelor-Studiengängen
ForschungPolitische Entscheidungsträger in Deutschland versprachen sich von der Einführung des Bachelor-Studiums unter anderem eine Entschärfung des Fachkräftemangels. Ein auf drei Jahre verkürztes Studium, so die Erwartung, würde mehr Studierende in die Hochschulen locken. Eine erste Zwischenbilanz des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) Mannheim für die Jahre 1998 bis 2006 fällt indessen ernüchternd aus. Weder hat die schrittweise Einführung des nur noch dreijährigen Bachelor-Studiums die Anzahl der Studienanfänger in diesem Zeitraum merklich erhöht, noch sind die Zahlen der Studienabbrecher spürbar gesunken.
Für die Studienfächer Elektrotechnik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieurwesen und Physik fällt die Bilanz sogar negativ aus. Hier lagen die Erstsemesterzahlen in Fachbereichen, die bereits den Bachelor-Abschluss anboten, signifikant niedriger. Dies könnte Ausdruck der hohen Wertschätzung sein, die der traditionelle deutsche Diplom-Abschluss in diesen Fächern national und international genießt.
Seit Ende der neunziger Jahre werden in Deutschland und anderen Mitgliedsländern der Europäischen Union im Rahmen des Bologna-Prozesses viele der traditionellen nationalen Studienabschlüsse auf die international vergleichbaren Abschlüsse Bachelor und Master umgestellt. Dadurch soll ein einheitlicher europäischer Hochschulraum geschaffen werden. Vor allem in Deutschland verbinden die politischen Entscheidungsträger mit dieser Umstellung auch die Hoffnung, dass ein kürzeres Studium, das weniger kostet, die Anzahl der Studierwilligen erhöht und letztlich zu mehr Hochschulabsolventen führt. Dies könnte den bereits jetzt spürbaren Fachkräftemangel entschärfen helfen. Eine erste Zwischenbilanz für die Jahre 1998 bis 2006 des Reformprozesses belegt eine solche positive Entwicklung indessen nicht. Von der Reform scheinen somit bisher nicht unbedingt verbesserte Anreize zur Aufnahme eines Studiums auszugehen.
Grundlage der ZEW- Studie ist die Studentenstatistik des Statistischen Bundesamts, die alle Studierenden in Deutschland umfasst. Für die empirischen Analysen wurden die Daten auf Fachbereichsebene aggregiert und getrennt nach Fächern ausgewertet, ob Fachbereiche, die bereits den Bachelor-Abschluss anbieten, für Studierende attraktiver sind. Sowohl die stark vom Fachkräftemangel betroffenen MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) als auch die wirtschafts- und geisteswissenschaftlichen Fächer wurden berücksichtigt. Medizin, Rechtswissenschaften und Lehramtsstudiengänge wurden dagegen nicht betrachtet, da diese Fachrichtungen weiterhin mit einem Staatsexamen abschließen.
Da der Umstellungsprozess noch nicht abgeschlossen ist, konnten Studienanfänger im Beobachtungszeitraum von 1998 bis 2006 immer zwischen Diplom anbietenden Fachbereichen und Fachbereichen, die mit einem Bachelor abschließen, wählen. Die bisherigen Ergebnisse sind daher als Zwischenergebnis zu verstehen und es bleibt abzuwarten, wie die Effekte ausfallen, wenn nur noch der Bachelor-Abschluss angeboten wird.
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