The Creative Class, Bohemians and Local Labor Market Performance – A Micro-data Panel Study for Germany 1975-2004

ZEW Discussion Paper Nr. 08-135 // 2008
ZEW Discussion Paper Nr. 08-135 // 2008

The Creative Class, Bohemians and Local Labor Market Performance – A Micro-data Panel Study for Germany 1975-2004

Richard Floridas Ansatz zur Erklärung regionaler Entwicklung hat weltweit nicht nur in akademischen Kreisen, sondern auch in der breiten Öffentlichkeit große Aufmerksamkeit erregt, weil er eine Verbindung zwischen Kulturfaktoren und ökonomischem Erfolg herstellt. Florida zufolge profitiert ein Standort entscheidend von der Existenz einer Gruppe von Ideengebern, der sogenannten Kreativen Klasse. Der Kreativen Klasse sind Wissenschaftler, Erfinder, Ingenieure ebenso zuzurechnen wie Medienfachleute, Schriftsteller und andere Kulturschaffende. Dieser Personenkreis ist interregional sehr mobil und bei der Ortwahl nicht nur einkommensorientiert. Eine wesentliche Rolle spielt die Attraktivität eines Standorts und dabei insbesondere auch ein weltoffenes, tolerantes Milieu. Angezeigt wird die Existenz eines solchen Milieus u.a. durch die Zahl der dort lebenden Bohemiens. Im Kern lässt sich die Floridas Theorie auf zwei Aussagen reduzieren: (i) Eine lokale Konzentration von Bohemiens wirkt als Magnet für die Kreative Klasse. (ii) Die Anhäufung von kreativen Personen an einem Standort verbessert die Bedingungen für Wirtschaftswachstum und Beschäftigung. Der Aufsatz zielt darauf ab, diese beiden Hypothesen auf der Basis eines umfangreichen Datensatzes mit Hilfe moderner ökonometrischer Verfahren empirisch zu überprüfen. Dabei verwenden wir die Beschäftigtenstichprobe des IAB, in der zwei Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Deutschland u.a. mit detaillierter Berufsbezeichnung, Qualifikation und Regionalinformation enthalten sind. Anhand der Berufsbezeichnungen ordnen wir Personen der Kreativen Klasse sowie den Bohemiens zu. Den regionalen Wirtschaftserfolg messen wir alternativ durch Beschäftigungswachstum oder eine Steigerung der Lohnsumme insgesamt. Auf deskriptiver Ebene ergibt sich in der Tat eine deutliche Korrelation zwischen dem Anteil der Bohemiens an den Beschäftigten und der Größe der Kreativen Klasse. Allerdings sagt ein solcher Zusammenhang noch nichts über die Wirkungsrichtung aus, da es unklar bleibt, ob die Bohemiens den Kreativen folgen oder umgekehrt. Möglich ist auch, dass sich beide Gruppen verstärkt in wirtschaftlich starken Regionen ansiedeln. Mit Hilfe moderner dynamischer Panelverfahren kann die Wirkungsrichtung identifiziert werden. Wir stellen fest, dass die Größe der Kreativen Klasse in der Abgrenzung von Florida tatsächlich ein wichtiger Erklärungsfaktor für den wirtschaftlichen Erfolg von Regionen ist. Dieser berufsbezogene Indikator ist einem herkömmlichen Qualifikationsmaß (Anteil der Hochqualifizierten) sogar überlegen. Damit finden wir Hypothese (ii) bestätigt. In einem zweiten Ansatz untersuchen wir, ob eine Konzentration von Bohemiens eine Konzentration der Kreativen Klasse nach sich zieht (Hypothese (i)). Die Testergebnisse erbringen hierfür jedoch keinen Beleg. Eine verkürzte Rezeption von Floridas Theorie durch regionale Wirtschaftspolitik nach dem Motto: "Lasst uns Bohemiens attrahieren, dann kommen die Kreativen und damit das Wirtschaftswachstum" findet keine Unterstützung. Regionale Entwicklung erweist sich als ein Prozess, der weitaus komplizierter ist.

Möller, Joachim und Annie Tubadji (2008), The Creative Class, Bohemians and Local Labor Market Performance – A Micro-data Panel Study for Germany 1975-2004, ZEW Discussion Paper Nr. 08-135, Mannheim.

Autoren/-innen Joachim Möller // Annie Tubadji