Polarization and Rising Wage Inequality: Comparing the U.S. and Germany
ZEW Discussion Paper Nr. 10-015 // 2010Seit Ende der 70er Jahre bis in die Mitte des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends beobachtet man einen Anstieg der Lohnungleichheit in den USA, in Großbritannien und in Deutschland, wie auch in anderen Ländern. Als mögliche Erklärungen für diese Entwicklung werden in der Literatur der qualifikationsverzerrte technische Fortschritt (skillbiased technological change, SBTC), Veränderungen im Angebot von höher qualifizierten Arbeitnehmern und sich verändernde Arbeitsmarktinstitutionen (z.B. Rückgang der Gewerkschaftmitgliedschaft und damit einhergehend eine Abnahme der Tarifbindung) genannt. SBTC ist der in der Literatur populärste Erklärungsansatz. Dieser unterstellt eine steigende Nachfrage nach hochqualifizierten Arbeitskräften, welche höher ausfällt als der parallel verlaufende Anstieg des Angebots an höherqualifizierten Arbeitskräften. Neuere Studien argumentieren, dass der technische Fortschritt einen ”polarisierenden” Effekt auf den Arbeitsmarkt habe kann, anstatt gleichmäßig höher qualifizierte Arbeitskr äfte relativ zu niedriger qualifizierten Arbeitskräften besserzustellen. Vielmehr profitieren sowohl Hoch- als auch Niedrigqualifizierte, welche Nicht-Routinetätigkeiten ausführen (diese Arbeitskräfte sind oft am oberen und unterem Rand der Lohnverteilung zu finden), relativ zu Arbeitskräften in der Mitte Lohnverteilung, die in der Vergangenheit Routinetätigkeiten ausführten. Seit den 90er Jahren gibt es Evidenz für eine Polarisierung des Beschäftigung in den USA, Großbritannien und Deutschland. Hinweise auf eine Polarisierung von Löhnen gibt es jedoch lediglich für die USA. Es wird häufig argumentiert, die Validität des SBTC als Erklärungsansatz impliziere ähnliche Arbeitsmarktentwicklungen in Ländern mit gleichem technologischen Entwicklungsstand. Angesichts der Polarisierung der Löhne in den USA und dem Anstieg der Lohnungleichheit über die gesamte Verteilung in Deutschland seit den 90er Jahren gibt es sowohl interessante Parallelen als auch Unterschiede zwischen diesen beiden Ländern. Diese Beobachtungen motivieren unsere Studie, welche die Entwicklungen der Lohnungleichheit in beiden Ländern mithilfe desselben ökonometrischen Ansatzes auf Basis zweier vergleichbarer Datensätze untersucht. Wir berücksichtigen explizit die Möglichkeit von Kohorteneffekten. Diese werden in der Literatur oft vernachlässigt, obwohl der technologische Fortschritt eine Verzerrung in der Alters/Kohortendimension aufweisen kann. Die vorliegende Arbeit untersucht Entwicklungen der Lohnungleichheit innerhalb und zwischen Kohorten vollzeiterwerbstätiger Männer. Hierzu werden verschiedene Quantile der Lohnverteilung betrachtet. Die unkonditionale Lohnungleichheit ist in beiden Ländern seit Ende der 70er Jahre angestiegen. Seit Mitte der 80er Jahre finden wir jedoch nur für die USA Hinweise auf eine Polarisierung der Löhne: In Deutschland steigen die Löhne am 80. Perzentil schneller als die Löhne am Median, welche hingegen schneller steigen als die am 20. Perzentil. In den USA hingegen steigen die Löhne am 80. und 20. Perzentil schneller als die Löhne am Median. Aufbauend auf dem von MaCurdy und Mroz (1995) vorgeschlagenen Ansatz identifizieren wir Kohorteneffekte, Alterseffekte und Zeiteffekte (makroökonomische Effekte). Die geschätzten Zeiteffekte bestätigen die steigende Lohnungleichheit in beiden Ländern für den Zeitraum 1979-2004. Dies gilt sowohl für den Fall der Betrachtung von Medianl öhnen zwischen verschiedenen Qualifizierungsgruppen als auch für die Entwicklung innerhalb dieser Gruppen. Für verschiedene Unterzeiträume finden wir allerdings Unterschiede in den Entwicklungen zwischen den USA und Deutschland. So divergieren die Löhne am Median zwischen höher und weniger hoch qualifizierten Beschäftigten in den USA über den gesamtem Zeitraum, während die Lohnlücke zwischen Mittel- und Niedrigqualifizierten seit Ende der 80er Jahre zurückgeht. Zudem finden wir polarisierende makroökonomische Trends nnerhalb der Gruppe der Mittel- und Niedrigqualifizierten. Für Deutschland ist die Interpretation schwieriger. Auch hier finden wir Hinweise auf eine Polarisierung zwischen den Qualifizierungsgruppen, jedoch sehen wir gleichzeitig eine wachsende Lohnungleichheit innerhalb aller dieser Gruppen. Die geschätzten Kohorteneffekte weisen zudem auf eine erklärende Rolle der Arbeitsangebotsseite und/oder eine Erklärung durch die Arbeitsmarktinstitutionen hin. Für die USA sind diese Kohorteneffekte wesentlich kleiner. Zusätzlich zu den Lohntrends untersuchen wir Veränderungen in den Anteilen der verschiedenen Qualifizierungsgruppen über den Zeitablauf. Diese Verläufe sind in den USA und Deutschland sehr ähnlich. In beiden Ländern endet die Abnahme des Anteils der Niedrigqualifizierten Mitte der 90er Jahre und das Durchschnittsalter dieser Gruppe fällt stark zwischen den 80er Jahre bis Ende der 90er. Weiterhin analysieren wir Veränderung der Beschäftigung in 10-Jahres Intervallen nach Alters-Qualifikationszellen. Für beide Länder finden wir hier Evidenz für eine Polarisierung seit Mitte der 90er und keinerlei Evidenz für solch eine Entwicklung in früheren Perioden. Unsere Resultate lassen daher keine eindeutigen Schlußfolgerungen zu. Einerseits gibt es ähnliche Evidenz in beiden Ländern hinsichtlich der Entwicklung der Lohnungleichheit und insbesondere in der Beschäftigungsentwicklung, welche konsistent ist mit einer durch den technologischen Fortschritt getriebenen Polarisierung des Arbeitsmarkts. Andererseits finden wir einige Aspekte in der Entwicklung der Lohnungleichheit, die sich stark zwischen den Ländern unterscheiden. Hieraus schließen wir, dass SBTC alleine nicht die empirischen Befunde erklären kann. Veränderungen in den Arbeitsmarktinstitutionen, wie z.B. die Abnahme in der Tarifbindung oder Veränderungen des Mindestlohns können zur Erklärung dieser Unterschiede beitragen
Antonczyk, Dirk, Thomas DeLeire und Bernd Fitzenberger (2010), Polarization and Rising Wage Inequality: Comparing the U.S. and Germany, ZEW Discussion Paper Nr. 10-015, Mannheim.