Short-Term Training Programs for Immigrants: Do Effects Differ from Natives and Why?
ZEW Discussion Paper Nr. 10-021 // 2010Der Anteil von Immigranten in Systemen der sozialen Sicherung ist in vielen Ländern der OECD stark überproportional. In Deutschland hatten im Jahr 2006 mehr als 34% aller erwerbsfähigen Hilfebedürftigen einen Migrationshintergrund, wohingegen der Anteil in der gesamten Bevölkerung lediglich 19.5% betrug. Trotz dieser starken Betroffenheit von Hilfebedürftigkeit ist bisher wenig über die Wirkung von arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen auf die Arbeitsmarktchancen der Immigranten bekannt. Diese Studie untersucht die Beschäftigungswirkungen von kurzen außerbetrieblichen Trainingsmaßnahmen für Personen mit Migrationshintergrund, die ein zentrales Element der arbeitsmarktpolitischen Aktivierung in Deutschland sind. Gibt es Unterschiede in der Wirksamkeit von Trainingsmaßnahmen zwischen Immigranten und Einheimischen? Worauf sind potentielle Unterschiede zurückzuführen? Haben sie ihre Ursache in beobachtbaren Unterschieden der soziodemographischen Charakteristika beider Gruppen oder sind sie in unbeobachtbaren Unterschieden begründet, die durch den Migrationshintergrund an sich bedingt sind? Um diese Fragen zu beantworten, verwenden wir Geschäftsdaten der Bundesagentur für Arbeit mit umfangreichen Informationen zu jeweils 80,000 Immigranten und Deutschen ohne Migrationshintergrund, die im Jahr 2006 in den Rechtskreis des SGB II zugegangen sind. Wir unterscheiden vier verschiedene Trainingsmaßnahmen: Eignungsfeststellungen, Bewerbungstrainings, Vermittlung von Kenntnissen und Maßnahmekombinationen. Die Wirkungen der Maßnahmen für Deutsche ohne Migrationshintergrund bilden den Referenzmaßstab. Zur Berechnung der Maßnahmeeffekte verwenden wir einen dynamischen Propensity Score-Matching-Ansatz. Zur Beantwortung der Frage, ob Unterschiede in den Maßnahmeeffekten zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund auf eine unterschiedliche soziodemographische Zusammensetzung beider Gruppen zurückzuführen sind oder auf dem Migrationshintergrund an sich beruhen, schlagen wir eine Dekomposition der Effekte vor. Die empirischen Ergebnisse zeigen eine erhebliche Heterogenität in den Wirkungen der Trainingsmaßnahmen. Bei den Eignungsfeststellungsmaßnahmen beobachten wir im Durchschnitt positive Beschäftigungseffekte. Während bei den Frauen ohne Migrationshintergrund die Effekte stärker ausgeprägt sind als für Immigrantinnen, ergibt sich für Männer kein eindeutiges Bild. Hier variiert die relative Stärke der Effekte je nach dem Zeitpunkt des Maßnahmeeinsatzes. Die Unterschiede der Maßnahmeeffekte zwischen Personen mit und ohne Migrationshintergrund lassen sich vor allem auf Unterschiede in beobachtbaren Merkmalen beider Gruppen zurückführen. Kontrolliert man für alle diese Merkmale zeigt sich sogar, dass Immigranten und Immigrantinnen stärker von den Eignungsfeststellungen profitieren als einheimische erwerbsfähige Hilfebedürftige. Bewerbungstrainings sind bei Männern unabhängig vom Migrationshintergrund ohne signifikante Wirkung. Frauen ohne Migrationshintergrund profitieren von dieser Form des Trainings, wohingegen die Beschäftigungschancen von Immigrantinnen negativ beeinflusst werden. Dieser große Wirkungsunterschied ist nicht auf beobachtbare Unterschiede zwischen den beiden ethnischen Gruppen zurückzuführen, sondern entsteht durch den Migrationshintergrund an sich. Kontrolliert man für alle beobachtbaren Merkmale haben Immigrantinnen einen um 15 Prozentpunkte niedrigeren Eingliederungserfolg als deutsche Teilnehmerinnen. Auch wenn sich dieser substantielle Unterschied über die Zeit abschwächt und etwa 9 Monate nach Maßnahmebeginn verschwindet, macht er deutlich, dass Bewerbungstrainings anders als intendiert die Beschäftigungschancen von Immigrantinnen verschlechtern anstatt verbessern. Im Gegensatz zu den Bewerbungstrainings zeigt sich für die Vermittlung von Kenntnissen, dass Immigrantinnen von diesen Maßnahmen besonders profitieren. Ein Jahr nach Maßnahmebeginn ist der Maßnahmeeffekt für Frauen mit Migrationshintergrund um 14 Prozentpunkte höher als für Frauen, die in allen Merkmalen identisch sind, aber keinen Migrationshintergrund aufweisen. Bei den Männern zeigen sich keine signifikanten Unterschiede in der Maßnahmewirkung zwischen Immigranten und Deutschen ohne Migrationshintergrund. Bei den Maßnahmekombinationen lässt sich für keine der betrachteten Personengruppen eine signifikante Wirkung erkennen.
Aldashev, Alisher, Stephan Lothar Thomsen und Thomas Walter (2010), Short-Term Training Programs for Immigrants: Do Effects Differ from Natives and Why?, ZEW Discussion Paper Nr. 10-021, Mannheim.