Regional Age Structure, Human Capital and Innovation - Is Demographic Ageing Increasing Regional Disparities?
ZEW Discussion Paper Nr. 13-057 // 2013Der demografische Wandel stellt eine der größten Herausforderungen für Industrienationen im 21. Jahrhundert dar. Insbesondere ist zu befürchten, dass eine alternde Gesellschaft die Wettbewerbsfähigkeit wissensbasierter Gesellschaften negativ beeinflusst. Es ist davon auszugehen, dass sich die demografische Alterung dabei regional höchst unterschiedlich auf die Beschäftigtenstrukturen auswirken wird. Dabei könnten sich regionale Arbeitsmarktdisparitäten erhöhen und Polarisierungsprozesse in Gang gesetzt werden, wenn innovative Regionen zunehmend junge und gebildete Beschäftige für sich gewinnen, während andere Regionen weiter zurückfallen. Solche ungünstigen Entwicklungen können sich weiter durch räumliche Spillover- und Nachbarschaftseffekte in Folge formeller und informeller Interaktion verstärken.
Die vorliegende Untersuchung beschreibt die Innovationsaktivität sowie der Alters- und Bildungsstruktur deutscher Regionen im Rahmen einer Explorativen Räumlich-Zeitlichen Datenanalyse für den Zeitraum 1995-2008. Zum einen werden räumliche Cluster und Ausreißer oder andere Formen solcher räumlicher Heterogenitäten identifiziert, um testbare Hypothesen für Regressionsmodelle ableiten zu können, die sich mit dem Einfluss der demografischen Alterung auf die regionale Innovationstätigkeit beschäftigen. Zum anderen werden neuere Visualisierungsmethoden verwendet, die Aussagen zu räumlich-zeitlichen Dynamiken der regionalen Verteilungen wie etwa verstärkte Clusterbildung oder räumliche Polarisierungstendenzen ermöglichen.
Die Ergebnisse weisen auf starke regionale Verwerfungen hin. Städtische und ländliche Kreise im Westen und Süden des Landes bilden Ballungsgebiete innovativer Regionen mit überwiegend jungen und heterogenen Belegschaften. Im Osten des Landes hingegen befinden sich weniger innovative Regionen, meist dünn besiedelte ländliche Kreise mit eher älteren und homogeneren Altersstrukturen. Bei den Untersuchungen zu den räumlich-zeitlichen Dynamiken zeigten sich unterschiedliche Muster. So gab es, trotz leichter Verbesserungen im Osten, kaum Veränderungen in der räumlichen Patentverteilung. Dagegen deuten die Ergebnisse der Altersstrukturentwicklung auf einen sich verstärkenden Polarisierungstrend zwischen deutschen Regionen. Während das Durchschnittsalter von kreisfreien Großstädten tendenziell sinkt (im Vergleich zum nationalen Durchschnitt), sind städtische und ländliche Kreise mit stark alternden Belegschaften in Folge alters- und bildungsselektiver Abwanderung konfrontiert. Ostdeutsche Regionen sind aufgrund des ländlich geprägten Raums eher von diesen Entwicklungen betroffen.
Insgesamt legen die Untersuchungen nahe, dass die Schere zwischen städtischen und ländlichen Regionen weiter auseinander geht. Die Bedeutung von Großstädten steigt insbesondere für junge und gebildete Beschäftigte, aufgrund des besseren kulturellen Angebots und der besseren Matching-Effizienz zwischen Arbeitgebern und Jobsuchenden. Die Auswertungen zeigen, dass alternde und wenig innovative Regionen eine geringe Wahrscheinlichkeit haben, den für sie negativen Trend umzukehren, aufgrund starker Nachbarschaftseffekte und clusterspezifischen Pfadabhängigkeiten. Vor dem Hintergrund einer drohenden geografischen Armutsfalle, müssen regionalpolitische Akteure möglicherweise über neue Strategien wie 'Big-Push policies' nachdenken, um den Trend umzukehren.
Gregory, Terry und Roberto Patuelli (2013), Regional Age Structure, Human Capital and Innovation - Is Demographic Ageing Increasing Regional Disparities?, ZEW Discussion Paper Nr. 13-057, Mannheim.