Chef des Banken-Rettungsfonds, Prof. Dr. Hannes Rehm, spricht am ZEW

Veranstaltungsreihen

Prof. Dr. Hannes Rehm, Sprecher des Leitungsausschusses der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung, referierte am 31. Mai 2011 am ZEW über die Ursachen und Lehren der Finanzmarktkrise. Zu der Veranstaltung im Rahmen der Mannheimer Wirtschafts- und Währungsgespräche konnte ZEW-Präsident Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Wolfgang Franz rund 150 Gäste am ZEW begrüßen. Die Mannheimer Wirtschafts- und Währungsgespräche, eine Vortragsreihe, die regelmäßig kreditwirtschaftlich relevante Themen aufgreift, werden von der Bankenvereinigung Rhein-Neckar Mannheim unterstützt.

Jede Krise biete auch Chancen, solange man ihr nur den Charakter einer Katastrophe nehme. Mit diesem Zitat von Max Frisch eröffnete Rehm seinen Vortrag. Diese Erkenntnis gelte insbesondere für die Finanzmarktkrise. Um sie zu überwinden, müsse der Bankensektor, die internationale Bankenordnungspolitik sowie die internationale Finanzpolitik den Blick nach vorne richten und die entsprechenden Lehren aus der Krise ziehen. Eine sorgfältige Ursachenanalyse sei hierfür die Voraussetzung, sagte Rehm. So hätten vor allem die expansive Geldpolitik der US-amerikanischen Fed, die Deregulierung der internationalen Finanzplätze und das exzessive Gewinnstreben der Finanzmarktakteure zur Finanzmarktkrise geführt. Aufgrund dieser Faktoren habe ein Finanzmarktbereich mit abstrakten Kapitalmarktgeschäften entstehen können, der sich von der Realwirtschaft entkoppelt habe. Als Folge sei die Subprimekrise entstanden, die ihren Höhepunkt im Zusammenbruch der US-amerikanischen Lehman-Bank gefunden habe.

Als Lehre dieser Fehlentwicklungen müsse zunächst ein Umdenken im Bankensektor einsetzen, sagte Rehm. Die Banken müssten sich neue, langfristig orientierte Geschäftsmodelle erschließen, die wieder stärker mit der Realwirtschaft übereinstimmten. Dabei müssten sie sich auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren und wieder zu dem Bewusstsein finden, dass Geschäfte letztendlich auf Verantwortung und Vertrauen basierten. Das Bankenmodell des Global Players habe dagegen an Berechtigung eingebüßt. Denn es sei aufgrund der internationaler Aktivitäten und Standorte aufsichtsrechtlich schwer zu durchblicken.

Basel III – Regulatorische Antwort auf die Krise

Darüber hinaus führe kein Weg an neuen regulatorischen Maßnahmen vorbei. Mit Basel III sei man hier auf dem richtigen Weg, sagte Rehm. Das neue Regelwerk ziele in erster Linie auf verschärfte Eigenkapitalanforderungen, um die Fähigkeit der Banken zu verbessern, Verluste zu schultern. So sei es richtig, die Mindestkernkapitalquote in den kommenden Jahren auf sieben Prozent anzuheben. Auch eine engere Definition dessen, was künftig als Kernkapital gelten dürfe, sei ein wichtiger Schritt hin zu verbesserter Stabilität im Bankensektor. Ferner sorge die Leverage-Ratio, die den Verschuldungsgrad einer Bank signalisiere, für verbesserte Transparenz auf den Finanzmärkten.

Schließlich müsse die internationale Bankenordnungspolitik ihre Lehren aus der Krise ziehen. Der Staat dürfe sich nicht von den Banken unter Verweis auf ihre Systemrelevanz erpressen lassen. Die Maxime "too big to fail" sei auf Dauer gesellschaftspolitisch nicht durchsetzbar. Vielmehr müsse der Staat früher auf den Finanzmärkten eingreifen können und in der Lage sein, Finanzinstitute gefahrlos abzuwickeln. Hierzu sei es wichtig, dass die Staatengemeinschaft an einem Strang zöge, sagte Rehm. Die Umsetzung von Basel III sei ein erster Schritt in diese Richtung. Ein weiterer Vorschlag ziele darauf ab, das Kundengeschäft der Banken von ihrem Eigengeschäft zu trennen. In den Vereinigten Staaten werde dies bereits praktiziert und ein Nachziehen des Vereinigten Königreichs sei absehbar. Um zu verhindern, dass riskante Bankgeschäfte in aufsichtsfreie Zonen verlagert würden, sei eine enge und institutionalisierte Kooperation der Bankenaufsichtsbehörden notwendig. Darüber hinaus sei es angemessen, die Finanzinstitute im Rahmen eines internationalen Bankensicherungssystems an den Kosten systemischer Risiken zu beteiligen.

Darüber hinaus müsse die Finanzpolitik Lehren aus der Finanzmarktkrise ziehen. Die Finanzmarktkrise dürfe nicht von einer Staatsverschuldungskrise abgelöst werden, sagte Rehm. Die Vereinigten Staaten, aber auch einige EU-Länder wie etwa Griechenland, Portugal und Irland müssten zwingend ihre öffentlichen Haushalte konsolidieren und die nötigen Reformen zur langfristigen Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit einleiten.

Das Vertrauen in die Märkte verliert man nur einmal

Natürlich sei die Umsetzung weltweiter gemeinsamer Regeln für den Bankensektor sowie eine Abstimmung der nationalen Finanzpolitik keine einfache Aufgabe, sagte Rehm. Zwar seien hier EU-weite Fortschritte erzielt worden, beispielsweise was die Regeln für Hedge Fonds oder die Vergütungssysteme von Bankmanagern anbelange. Dennoch werde man auf globaler Ebene noch lange ein unterschiedliches Regulierungstempo gehen. Vor diesem Hintergrund sei es richtig, dass Deutschland mit verschiedenen Maßnahmen vorangehe. Dies gelte etwa für die Umsetzung einer Bankenabgabe, durch die die Banken künftig in stärkerem Umfang als bisher an den Kosten von Finanzkrisen beteiligt würden, oder für das deutsche Restrukturierungsgesetz, das eine geordnete Abwicklung von Kreditinstitute ermögliche.

Zum Abschluss seines Vortrags wies Rehm darauf hin, dass eine Rückbesinnung auf Werte wie Vertrauen, Anstand und Ehrlichkeit ebenfalls eine wichtige Lehre aus der Krise sei. Dies gelte insbesondere für das Geschäftsleben. Denn frei nach einem Zitat des Bankiers Gerson Bleichröder könne man Geld zwar jederzeit verlieren, das Vertrauen in Märkte und Geschäftspartner verlöre man jedoch nur einmal.

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