Der Einfluss von Demografie und Klimawandel auf die Entscheidungen von Finanzmarktakteuren
KonferenzenInternationale Konferenz zu Alterung und nachhaltiger Finanzierung am ZEW Mannheim
Am 25. und 26. April veranstaltete das ZEW Mannheim eine Konferenz zum Thema „Ageing and Sustainable Finance“. Im Fokus stand dabei die Frage, wie der demografische Wandel und der Klimawandel die Entscheidungen von Finanzmarktakteuren beeinflusst und welche spezifischen Herausforderungen und Auswirkungen sich für Rentner/innen, Arbeitnehmer/innen, Eigenheimbesitzer/innen, Erben/innen, Privatanleger/innen im Allgemeinen, Banken, Vermögensverwalter/innen und Firmen ergeben.
Neben drei Hauptvorträgen von führenden Expertinnen und Experten aus den Bereichen Lebenszyklusfinanzierung, Haushaltsfinanzierung und Bankwesen wurden vierzehn ausgewählte Forschungspapiere vorgestellt und diskutiert. Das ZEW begrüßte Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus acht verschiedenen Ländern.
Vermögenseffekte bei der Heizungsumstellung von Privathaushalten
Die Eröffnungsrede wurde von Tobias Berg, Professor für Bankwesen an der Goethe-Universität Frankfurt, gehalten. Berg betonte die Dringlichkeit der Dekarbonisierung des Gebäudesektors, der derzeit für ein Viertel der globalen Kohlenstoffemissionen verantwortlich ist. Er skizzierte zwei wesentliche Faktoren, die entscheidend sind, damit die Kapitalmärkte die grüne Transformation effektiv vorantreiben können: Erstens müssen die Finanzmärkte Anreize für Investitionen in Energieeffizienz schaffen, indem sie die Kapitalkosten deutlich senken. Zweitens erläuterte Berg, dass die Entscheidung von Haushalten, in Energieeffizienzmaßnahmen zu investieren, stark von ihrem Wohlstandsniveau abhängt. Diese Aussage untermauerte er, indem er zeigte, dass Haushalte mit niedrigem bis moderatem Wohlstandsniveau nach Erbschaftseinkünften eher dazu neigten, auf umweltschonende Heizsysteme umzusteigen. Berg betonte, dass finanzielle Einschränkungen für viele Haushalte, die sich um Energieeffizienzinvestitionen bemühen, eine bedeutende Hürde darstellen.
(Nicht-)Beteiligung am Aktienmarkt
Die zweite Keynote „(Fehl-) Wahrnehmungen über das Investieren“ wurde von Christine Laudenbach, Professorin am Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung SAFE und an der Goethe-Universität Frankfurt, gehalten. Sie gab einen breiten Überblick über ihre eigene Arbeit und andere aktuelle Literatur, die versucht, die Forschungsfrage „Was bestimmt die (Nicht-)Beteiligung am Aktienmarkt und die Vermögensallokation?“ zu beantworten. Es gibt eine Vielzahl möglicher Bestimmungsfaktoren. Ein interessantes Beispiel ist der Unterschied in der Aktienmarktbeteiligung zwischen dem ehemaligen Ost- und Westdeutschland. Hier beeinflussen die Erfahrung mit dem Kommunismus und die daraus resultierende positive oder negative emotionale Bewertung die Teilnahmequote am Aktienmarkt. Darüber hinaus sprach Christine Laudenbach über qualitative Daten, die sie mit halbstrukturierten Interviews gesammelt hat – ein Ansatz, der im Finanzbereich nicht üblich ist. Sie erklärte: „Wir sprechen mit den Menschen und versuchen, mehr über potenzielle Hindernisse für die Beteiligung am Aktienmarkt zu erfahren.“ Es scheint große Missverständnisse darüber zu geben, wie die Finanzmärkte funktionieren. Interessanterweise sind diese Missverständnisse sowohl bei Nichtinvestoren als auch bei Investoren weit verbreitet.
Bedauern über fehlende Ersparnisse im Alter groß
Am zweiten Konferenztag beleuchtete Prof. Axel Börsch-Supan, Ph.D. (Munich Research Institute for the Economics of Aging and SHARE Analyses, Max-Planck-Institut für Sozialrecht und Sozialpolitik und NBER) das drängende Problem des Untersparens für die Altersvorsorge. In seinem Hauptvortrag „Saving regret and sustainable pensions“ hob er mehrere mögliche Gründe für Untersparen hervor, darunter Zögern, Wissen, Rechenschwierigkeiten bei der Ermittlung von Sparbeträgen und unvorhergesehene Schocks auf individueller und makroökonomischer Ebene. Darüber hinaus erörterte Börsch-Supan verschiedene Mechanismen, die dem Bedauern über das Sparen zugrunde liegen, wie z. B. Cheap Talk, Zögern und die Auswirkungen unvorhergesehener Schocks sowohl auf individueller als auch auf makroökonomischer Ebene. Er betonte, wie wichtig es ist, über Sozialversicherungs- und Rentenleistungen Bescheid zu wissen und fundierte Sparentscheidungen zu treffen. Er legte auch Beweise dafür vor, dass Menschen bedauern, zu wenig gespart zu haben, und warnte vor allzu simplifizierenden Darstellungen zum Thema Zögern. Außerdem unterstrich er die Notwendigkeit, auch andere Dimensionen menschlichen Versagens zu berücksichtigen, einschließlich der Unterschätzung der Wahrscheinlichkeit und der Auswirkungen von Schocks im Lebensverlauf. Börsch-Supans Erkenntnisse unterstreichen die Komplexität des Problems des Untersparens für die Altersvorsorge und betonen die Bedeutung nachhaltiger Renten, um das Wohlergehen und die finanzielle Sicherheit der Menschen im Alter zu gewährleisten.
Internationale Konferenz mit internationalen Themen
Im Verlauf der Konferenz präsentierten vierzehn Forscher ausgewählte Beiträge zu den nachhaltigen Investitions- und Sparentscheidungen von Haushalten und Firmen, die Messung des Klimarisikos von Finanzinstitutionen sowie Altersvorsorge. Unter anderem wurden die folgenden Fragen diskutiert:
- Werden nachhaltige Investitionen von Investoren als Luxusgut wahrgenommen? Werden nachhaltige Vermögenswerte dazu benutzt, um den CO2-Fußabdruck von Investoren auszugleichen? Wie beeinflussen Temperaturschocks die Investitionsentscheidungen?
- Für wie moralisch halten Haushalte Unternehmensmaßnahmen inklusive jene mit ESG-Bezug? Wie wirkt sich kompetitiver Druck auf die ESG-Leistung von Firmen aus? Wie wählen Startups zwischen ESG- und gewinnorientierten Investoren?
- Wie stark sind Banken und Versicherer physischen Risiken und Risiken mit Bezug zum Klimawandel ausgesetzt?
- Wie wirkt sich Finanzberatung auf die freiwillige Altersvorsorge aus? Wie stark hängen die finanziellen Entscheidungen der Haushalte von deren Risiko- und Zeitpräferenzen ab?
- Wie wirkt sich die Berufswahl auf die Lebenserwartung aus? Wie beeinflussen Überlebenserwartungen und kognitive Fähigkeiten die Investitionen von Haushalten in riskante Vermögenswerte?
Die Konferenz bot den Teilnehmenden eine hervorragende Gelegenheit, die Verbindung zwischen zwei der wichtigsten langfristigen makroökonomischen Trends, dem demografischen Wandel und dem Klimawandel, zu diskutieren und sich mit interessierten Forscherinnen und Forschern aus der ganzen Welt auszutauschen.