Innovationsland – Ist das deutsche Modell noch im Takt?

Standpunkt

Von Hanna Hottenrott und ZEW-Präsident Achim Wambach

Hanna Hottenrott und ZEW-Präsident Achim Wambach erklären in ihrem Standpunkt, dass Klimawandel und Transformation Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit erfordern und dass das deutsche Innovationsmodell dahin gehend nicht gut aufgestellt ist.

Deutschland ist geprägt von innovativen mittelständischen Unternehmen, die häufig Weltmarktführer sind. Sind wir damit für die Transformation gut aufgestellt? Eine Bestandsaufnahme.

Das „Innovationsmodell Deutschland“ war in den vergangenen 150 Jahren überaus erfolgreich. Dafür gibt es zahlreiche Beispiele – von der Chemie- bis zur Automobilindustrie. Gerade der deutsche Mittelstand ist mit seinen spezialisierten Produkten häufig Weltmarktführer. In Zeiten multipler Krisen und schwieriger Standortbedingungen stellt sich jedoch mehr denn je die Frage, ob und wie Deutschland auch in Zukunft innovativ bleiben kann.

Die Innovationsausgaben insbesondere von Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten haben in den letzten Jahren zugenommen. Allerdings ist der Anteil der Unternehmen mit Innovationen dennoch seit Jahren rückläufig, nicht nur bei mittelständischen Unternehmen, sondern auch insgesamt.

Hinzu kommt: Klimawandel und Transformation erfordern nicht nur radikale Innovationen, sondern auch Schnelligkeit und Anpassungsfähigkeit. Dafür ist das deutsche Innovationsmodell, das seit jeher auf Gründlichkeit und vorsichtigem Fortschritt beruht, nicht gut aufgestellt.

Junge Unternehmen hingegen sind nicht nur innovativer – sie bringen häufiger Marktneuheiten hervor –, sie agieren auch schneller. Deshalb sollte sichergestellt werden, dass junge Unternehmen ohne unnötige Hürden innovieren können. Die vielfältigen Krisen der letzten Jahre haben es gerade kleinen und jungen Unternehmen nicht leicht gemacht. Planungsunsicherheit, komplexe Regulierungen, steigende Kosten und Personalmangel machen ihnen besonders zu schaffen.

Dennoch, Krisen und die Transformation eröffnen auch Chancen: Die gute Nachricht ist, dass das Gründungsgeschehen in Deutschland nach Jahren der Flaute wieder Fahrt aufnimmt, insbesondere in wissensintensiven Branchen. Das lässt hoffen, dass diese Gründungen zu einem Innovationsmodell Deutschland 2.0 beitragen, das sich neben Solidität auch durch radikalere Innovationen auszeichnet.

Finanzierungsschwierigkeiten sind ein wesentlicher Faktor, der Innovationen hemmt

Finanzierungsschwierigkeiten hemmen Innovationen, während steigende Komplexität und interne Widerstände den Fortschritt zusätzlich erschweren.

Darüber hinaus zeigen Initiativen zur Verbesserung von sogenannten Innovationsökosystemen Wirkung. Gründerzentren, steuerliche Anreize für Risikokapitalgeber, regionale Vernetzungsinitiativen und finanzielle Unterstützung von Unternehmensgründungen senken Hürden und ermöglichen Investitionen. Die gestiegenen Zinsen werden allerdings auch hier zu Bremswirkungen führen.

Unternehmensbefragungen zeigen: Finanzierungsschwierigkeiten sind ein wesentlicher Faktor, der Innovationen hemmt. Während sich das empfundene Risiko von Innovationen und Technologie in den letzten Jahren kaum verändert hat, ist bei der wahrgenommenen Komplexität von Märkten und Technologie ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen. Zunehmend spielen auch unternehmensinterne Widerstände sowie langwierige Verwaltungsverfahren und Regulierungen eine Rolle. Nach dem Fachkräftemangel zählen regulatorische Hemmnisse neuerdings zu den gravierendsten Innovationshemmnissen.

Bürokratie und der Regulierungsaufwand eines der größten Hemmnisse für Innovationen

Um den Innovationsstandort Deutschland zu stärken, braucht es intensivere Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, eine gezielte Fachkräftegewinnung und den Abbau bürokratischer Hürden.

Was ist also zu tun, um den Innovationsstandort Deutschland für die Transformation zu stärken? Darauf gibt es nicht eine Antwort – Innovationsbemühungen werden durch viele Faktoren beeinflusst. Ein wesentlicher Aspekt betrifft dabei den Umgang mit neuen wissenschaftsbasierten Technologien und damit insbesondere die Verzahnung von Wissenschaft und unternehmerische Innovationen durch intensivere Kooperationen und Wissensaustausch. Innovation braucht qualifizierte und kreative Köpfe: Angesichts des Personalmangels würden vermehrte Zuwanderung von Fachkräften, verstärkte Investition in Bildung und Ausbildung, verlässliche Kinderbetreuung und auch leichtere Beschäftigungsmöglichkeiten im Alter Erleichterung bringen. Die Bürokratie und der Regulierungsaufwand sind mittlerweile eines der größten Hemmnisse für Innovationen: Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen vereinfacht werden, nicht nur in den Energiesektoren. Innovationen werden in allen Bereichen der Wirtschaft gebraucht.

Dieser Standpunkt erschien zuerst als Gastbeitrag im Handelsblatt [Printbeilage]