„Kleine Schritte in die richtige Richtung“

Kommentar

Standpunkt von ZEW-Steuerexpertin Katharina Nicolay zum Wachstumschancengesetz

Juniorprofessorin Dr. Katharina Nicolay, Steuer-Expertin am ZEW.

Bundesfinanzminister Christian Lindner will die Wirtschaft mit einem umfassenden steuerlichen Reformpaket entlasten, dem Wachstumschancengesetz. Juniorprofessorin Dr. Katharina Nicolay, Steuer-Expertin am ZEW, bewertet das Paket folgendermaßen:

„Lindners Paket bringt eine Reihe von kleineren Schritten in die richtige Richtung. Die gewinnunabhängigen Prämien für grüne Investitionen können bei der Bewältigung der Energietransformation helfen. Vorteilhaft ist, dass sich die Investitionsprämie – anders als Sofortabschreibungen – auch dann positiv auf die Liquidität der Unternehmen auswirkt, wenn diese Verluste machen. Zu bedenken bleibt, dass sich das zukünftige Abschreibungspotential der geförderten Wirtschaftsgüter um die Prämie verringert. Für kleine und mittlere Unternehmen erscheint hinderlich, dass lediglich zwei Anträge im Förderzeitraum (2024–2027) gestellt werden können, die jeweils eine Bemessungsgrundlage von mindestens 50.000 Euro erreichen müssen. Dies führt zu erhöhtem Planungsaufwand. In der Breite werden keine Investitionsanreize gesetzt, weil die Prämien auf bestimmte Klimaschutzinvestitionen begrenzt sind. So wird die Reform nichts daran ändern, dass Deutschland im Vergleich von 35 Industriestaaten die dritthöchste Unternehmenssteuerbelastung aufweist, wie der von uns berechnete Mannheim Tax Index zeigt.

Zu begrüßen ist die Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung, die bisher in Deutschland im internationalen Vergleich sehr begrenzt ist. So sollen die förderfähigen Aufwendungen, die bislang im Wesentlichen auf Personal im Forschungs- und Entwicklungsbereich eingeschränkt waren, erweitert werden. Zum anderen wird die Bemessungsgrundlage der Zulage verdreifacht. Mit dieser Maßnahme läge Deutschland im Trend, denn u.a. auch die USA verabschiedeten kürzlich eine starke Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung. Diese Maßnahme lässt eine Verbesserung der Standortbedingungen für Investitionen in Forschung und Entwicklung erwarten und stellt sicher, dass Deutschland im internationalen Vergleich der FuE-Standorte Schritt hält.

Parallel zu den zielgerichteten Maßnahmen verbessert die Ausweitung von Verlustverrechnungsmöglichkeiten die Investitionsanreize für alle Unternehmen, da bei besserer Verrechenbarkeit von Verlusten ein größerer Teil der Gewinne von der hohen Gewinnsteuerbelastung in Deutschland abgeschirmt wird. Insbesondere für Investitionen mit hohem Risiko fällt positiv ins Gewicht, dass sich der Staat durch bessere Verlusterrechnung stärker am Investitionsrisiko beteiligt, indem Gewinne und Verluste eher symmetrisch behandelt werden.“