Mehr Geld für Schulen ist zu begrüßen, die Unterrichtsqualität entscheidend
NachgefragtMit dem DigitalPakt Schule will die Politik über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg Schulen in Deutschland besser mit digitaler Technik ausstatten. 5,5 Milliarden Euro sind dafür veranschlagt. ZEW-Bildungsökonom Friedhelm Pfeiffer erläutert, warum die Ausstattung der Schulen mit digitaler Technik geboten ist und warum Geld alleine nicht ausreicht.
Warum ist es wichtig, dass Kinder und Jugendliche bereits frühzeitig lernen, digitale Techniken zu nutzen und auch deren Hard- und Software verstehen lernen, etwa indem sie selbst die Programmierung von Geräten zu bewältigen lernen?
Schulkinder erhalten die Möglichkeit, ein Verständnis beispielsweise der modernen Grundlagen der Naturwissenschaften zu erwerben. In einem altersgerechten Unterricht werden unter anderem der Aufbau und die Funktionsweise von Bakterien thematisiert. Genauso erscheint es angebracht zu sein, digitale Techniken in den Unterricht einzubauen. Schulen sollten in der Lage sein, ihren Schülern/-innen den Aufbau und die Funktionen eines Computers sowie ein Verständnis von Eigenschaften und Wesen von Algorithmen nahezubringen. Da die neuen digitalen Techniken in nahezu allen Bereichen der Wirtschaft sowie im Alltag angewendet werden, sollten alle Schulkinder die Möglichkeit erhalten, solche neuen Techniken zu verstehen.
Ein moderner Unterricht sollte jedoch auf grundlegende Verständnisprozesse ausgerichtet sein, die Kinder und Jugendliche fit für das Leben machen. Dazu zählen Kompetenzen im Programmieren sowie Charaktereigenschaften und Werte wie Beharrungsvermögen, Geduld und ein Sinn für Ehrlichkeit und Fairness im Umgang mit den sowie bei der Nutzung der Techniken. Das vielfach spielerisch in der Schule Gelernte begleitet Menschen nicht selten ein ganzes Leben lang. Es scheint jedoch nicht notwendig zu sein, dass jedes Kind etwa umfangreiche Detailkenntnisse im Programmieren erlernt. Wir alle können lernen, Auto zu fahren, ohne selbst das Wissen und die Kenntnisse von Autobauern zu haben.
Für die rund 40.000 Schulen in Deutschland geht es im Schnitt um 137.000 Euro oder umgerechnet auf die derzeit rund 11 Millionen Schüler/innen um eine Summe von 500 Euro pro Kopf. Reden wir beim DigitalPakt Schule eher übers Kleckern oder übers Klotzen – sprich, ist das Geld ausreichend, um unsere Kinder fit fürs digitale Zeitalter zu machen?
Auf den ersten Blick erscheint die Summe, die für den DigitalPakt Schule zur Verfügung gestellt wird, in der Tat gering. Die Erhöhung der Ausgaben für Schulen in einem Umfang von im Mittel 100 Euro pro Schulkind pro Jahr ist bei Gesamtausgaben von etwa 6.900 Euro (2015; Quelle Nationaler Bildungsbericht 2018) pro Schulkind pro Jahr eher bescheiden. Bezogen auf die Höhe der ausgewiesenen Sachausgaben (dazu zählen Unterrichtsmaterialien), die etwa 900 Euro pro Schulkind betragen, ergibt der Pakt jedoch eine Erhöhung um elf Prozent pro Jahr. Ob dies ausreichend ist, hängt von vielen Faktoren ab. Besonnenheit bei der Anschaffung ist notwendig. Zu bedenken gilt es, dass sich digitale Techniken ständig weiterentwickeln. Was heute angeschafft wird, ist nach wenigen Jahren oftmals schon wieder überholt. Wenn wir über Wirkungen dieser zusätzlich geplanten Ausgaben im Zeitalter des Internets nachdenken, darf nicht vergessen werden, dass weiterhin die Qualität des Unterrichts insgesamt entscheidend bleiben wird. Diese Gesamtqualität wird wohl kaum von zusätzlichen digitalen Geräten abhängen. Der DigitalPakt Schule sollte dennoch dazu beitragen, allen Schulkindern einen altersgerechten Umgang mit neuesten digitalen Techniken zu ermöglichen.
Der DigitalPakt Schule sieht derzeit vor, dass jede Schule selbst entscheiden soll, wofür sie das Fördergeld ausgeben möchte. Ist das sinnvoll oder wäre es besser, den Schulen/ Schultypen einheitliche Angebote/Vorgaben zu machen?
Das ist aus meiner Sicht eine sinnvolle Vorgabe, da jede Schule spezifische Bedarfe hat, die die Lehrkräfte in der Regel besser als Außenstehende beurteilen können. In einer Schule kann es etwa sinnvoll sein, neue Geräte zu beschaffen, in einer anderen Schule vielleicht eher, die Lehrenden im Umgang damit zu sensibilisieren. Jedoch sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass Einigkeit über ethische und moralische Standards bei der Nutzung der Techniken im Unterricht besteht und dass bei Einhaltung des Prinzips der Wirtschaftlichkeit die Mittel so ausgestaltet werden, dass alle Schulen eine angemessene Mindestausstattung erhalten.
Wie sieht es in Sachen Digitalisierung in den Schulen unserer europäischen Nachbarn aus? Gibt es hier Best Practices von denen wir in Deutschland lernen können? Ist Deutschland eher Nachzügler oder gar Vorreiter bei dem Thema?
Man kann und sollte immer bereit sein, von Nachbarn zu lernen. Kein Bildungssystem gleicht jedoch einem anderen. Allzu einfach gestrickte Ranglisten, wie etwa die Anzahl von Tablets oder die Häufigkeit der Nutzung des Internets pro Unterrichtsstunde in den Ländern Europas helfen meiner Ansicht nach nicht weiter, wenngleich sie populär sind. Solche Indikatoren bilden nicht ausreichend die Unterrichtsqualität insgesamt ab, die letztlich darüber entscheidet, was beim Kind ankommt und bleibt. Sollten unsere europäische Nachbarn, etwa die Niederlande oder die Länder Skandinaviens, die aus meiner Sicht auch leistungsfähige Bildungssysteme haben, weiter sein, wäre es gut, davon zu lernen. Es lohnt sich sicher auch, einen Blick in die über 40.000 Schulen in Deutschland zu werfen, um Hinweise auf gute Praktiken zu erhalten.