ZEW-Präsident Achim Wambach zu Deutschlands Industriepolitik

Prof. Achim Wambach, PhD, Präsident des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim, analysiert die Strategie des Bundeswirtschaftsministers.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat vorgelegt. Seine Antwort auf den „Prozess rasanter und tiefgreifender Veränderung“ in der Weltwirtschaft ist die „Nationale Industriestrategie 2030“. Während viele diese Strategie skeptisch sehen, scheint besonders die Industrie seine Pläne zu unterstützen. Prof. Achim Wambach, PhD, Präsident des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim befasst sich in seinem aktuellen Standpunkt mit der Industriepolitik und beantwortet im Video drei Fragen zur „Nationalen Industriestrategie 2030“.

ZEW-Präsident Achim Wambach zur Nationalen Industriestrategie 2030

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Der Analyse aus dem Bundeswirtschaftsministerium ist Vieles abzugewinnen. Die dominanten Digitalunternehmen aus den USA beherrschen in ihren Segmenten auch den europäischen Markt und breiten sich weiter aus. Diese Unternehmen sind dabei extrem innovativ. Sie gehören zu den Unternehmen, die im weltweiten Vergleich am meisten für Forschung und Entwicklung ausgeben. Auf der anderen Seite steht China, das seinen Anteil an der globalen Wirtschaftsleistung in den vergangenen 15 Jahren auf mehr als 18 Prozent verdoppeln konnte, und das mit seiner Strategie „Made in China 2025“ plant, in verschiedenen Sektoren zur Weltspitze aufzuschließen. Strategische Einkäufe von Unternehmen wie Kuka unterstreichen diese Strategie. Deutschland und Europa laufen Gefahr, abgehängt zu werden.

Noch ist Zeit, um darauf zu reagieren. Dazu müssen die Hausaufgaben der Politik jetzt gemacht werden. Uneingeschränkt zuzustimmen ist dem Minister, die nationale Infrastruktur richtig aufzustellen. Breitbandausbau, E-Government und Investitionen in die physische Infrastruktur sind Bestandteil jedes Wahlprogramms – nur es muss auch umgesetzt werden.

Den dominanten Plattformen aus den USA gilt es mit einem wegweisenden Wettbewerbsrecht entgegenzutreten. Mit der 9. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen im Jahr 2017 und der anstehenden 10. Novelle hat sich dazu einiges in Deutschland getan. Die von der Bundesregierung eingesetzte Kommission Wettbewerbsrecht 4.0 untersucht momentan, inwiefern das europäische Wettbewerbsrecht angepasst werden muss. Im Fokus stehen die Instrumente der Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden, um den Missbrauch von Marktmacht bei den Internetgiganten und dominanten Plattformunternehmen in den Griff zu bekommen. Ein anderer Schwerpunkt ist, Unternehmen bei der Zusammenarbeit beim Aufbau eigener Plattformen oder bei der Zusammenführung von Datensätzen mehr Rechtssicherheit zu verschaffen.

Keine europäische Champions zulasten des Wettbewerbs

Der Wettbewerb aus China stellt sich anders dar: Die chinesischen Unternehmen werden teilweise durch den Staat geschützt und subventioniert und haben damit Startvorteile. Das unterbindet ein Level-Playing Field zwischen europäischen und chinesischen Unternehmen. Hier ist wichtig, den Druck weiter zu erhöhen, dass sich der chinesische Markt weiter öffnet und ein fairer Wettbewerb möglich ist. Das geplante Investitionsabkommen von Europa mit China wäre ein wichtiger erster Schritt, ein Handelsabkommen müsste folgen. Aber auch ohne diese Maßnahmen ist Europa nicht machtlos. Anti-Dumping- sowie Anti-Subventions-Verfahren können ausgeweitet werden.

Hingegen sind die Pläne des Bundeswirtschaftsministers, das europäische Wettbewerbsrecht zu ändern, um dadurch mehr „deutsche und europäische Champions“ zu schaffen, nicht zu Ende gedacht. Wenn durch Fusionen europäische Champions entstehen, ohne dass es zu Wettbewerbsproblemen kommt, so sind solche Zusammenschlüsse auch heute schon möglich. Kommt es hingegen zu Wettbewerbsproblemen, so bedeutet ein Zusammenschluss, dass hier ein marktmächtiges Unternehmen entsteht. Dann aber greift die Missbrauchssaufsicht. Und das zu Recht, zum Wohl von Verbrauchern und zur Stärkung des Wettbewerbs.

Insofern ist nicht ganz nachzuvollziehen, warum sich die deutsche Industrie für die Schaffung europäischer Champions so in die Bresche schlägt. Große chinesische Staatsunternehmen als Maßstab für die Konkurrenzfähigkeit von Unternehmen zu nehmen, bedeutet halt nicht nur groß zu sein, sondern auch, dass die öffentliche Hand bei Unternehmensentscheidungen mitredet. Das kann weder im Interesse der Unternehmen noch von Anhängern der Sozialen Marktwirtschaft sein. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass Wettbewerb und freie Unternehmensentscheidungen einem Markt mit oligopolistischen Unternehmen unter öffentlicher Aufsicht vorzuziehen sind. 

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