Rezession scheint gesetzt
ForschungKonjunkturexperten/-innen rechnen mit technischer Rezession
Die Expertinnen und Experten für Konjunktur zeigen sich zwar weniger pessimistisch in ihrer Wachstumsprognose für 2023, das erste Quartal wird das deutsche reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) jedoch höchstwahrscheinlich mit technischer Rezession abschließen. Schuld daran ist vor allem der schwache private Konsum bedingt durch die hohe Inflationsrate. Dabei fallen die Prognosen für die Eurozone deutlich besser aus. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung.
Verglichen mit dem Vormonat haben sich die Wachstumsprognosen nur wenig verändert. Für das deutsche reale BIP 2023 wird nun ein Rückgang um „nur“ noch 0,3 Prozent angenommen, zuvor waren es 0,5 Prozent. Für 2024 ist die Medianprognose mit 1,4 Prozent unverändert geblieben.
Schwacher Konsum bremst Wirtschaftswachstum
Nach dem negativen vierten Quartal 2022 mit einem Rückgang um 0,4 Prozent zum Vorquartal ist daher eine sogenannte technische Rezession sehr wahrscheinlich. Technisch bedeutet in diesem Zusammenhang, dass das reale BIP in (mindestens) zwei aufeinander folgenden Quartalen gegenüber dem Vorquartal schrumpft, dass aber die negativen Auswirkungen für die gesamte Wirtschaft relativ gering ausfallen. So soll sich entsprechend der aktuellen Prognosen die Arbeitslosigkeit 2023 trotz erwarteter negativer BIP-Entwicklung auf einem Niveau von 5,5 Prozent bewegen. Dies wäre nur unwesentlich mehr als im vorangegangenen Jahr. Und für 2024 wird ein Rückgang auf 5,2 Prozent prognostiziert. Trotz des geringen erwarteten Anstiegs der Arbeitslosigkeit soll vor allem der private Konsum für das schwache Wirtschaftswachstum 2023 verantwortlich sein. Dabei dürfte sich vor allem der durch die relativ hohe Inflationsrate bedingte deutliche Reallohnverlust negativ bemerkbar machen.
Bessere Konjunkturaussichten für Eurozone
Für das Eurogebiet bleibt es bei 0,2 Prozent Wachstumsprognose für das Jahr 2023, für das nächste Jahr steigt die Medianprognose leicht von zuvor 1,2 Prozent auf aktuell 1,5 Prozent. Verglichen mit Deutschland soll sich die Wirtschaft des Eurogebiets etwas besser entwickeln. Eine Rezession im Eurogebiet wird nach den vorliegenden Prognosen vermutlich nicht eintreten.
Leichter Optimismus trotz hoher Inflationsrate
In Bezug auf die Inflationsentwicklung in Deutschland sind die Prognosen trotz einer aktuell noch sehr hohen Inflationsrate von 8,7 Prozent etwas optimistischer als im Vormonat. Die Medianprognose sinkt für 2023 von zuvor 7,0 auf jetzt 6,2 Prozent. Auch für das nächste Jahr ist die Inflationsprognose mit 3,0 Prozent geringer als noch vor einem Monat (3,6 Prozent). Auf die erwartete Geldpolitik scheint dies derzeit noch keinen Einfluss zu haben. Ausgehend von den momentan 3,0 Prozent bei der Hauptrefinanzierungsfazilität der EZB gehen die Expertinnen und Experten von einer durchschnittlichen Drei-Monatsrate von 3,1 Prozent in diesem Jahr aus. Im nächsten Jahr soll sie nur wenig geringer sein und bei 2,8 Prozent im Jahresdurchschnitt liegen.
Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung
In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.
Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.