Wachstumserwartungen für die Eurozone bleiben fast unverändert

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

Gestiegene Einigkeit der Experten/-innen bei den Prognosen für Deutschland und das Eurogebiet

Experten/-innen erwarten für das Jahr 2024 in der Eurozone einen Anstieg des BIP in Höhe von 0,7 Prozent.

Die Expertinnen und Experten für Konjunktur sehen in der Eurozone für 2024 nur einen leichten Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes (BIP) und erst in 2025 eine deutlichere Erholung. Für Deutschland zeichnet sich für 2024 zwar eine etwas positivere Erwartung ab, für 2025 stagniert die Prognose jedoch. Die Zinserwartungen bleiben fast unverändert, was womöglich auf die Zurückhaltung der Europäischen Zentralbank (EZB) bei der Leitzinsanpassung zurückzuführen ist. Für 2025 gehen die befragten Experten/-innen von einem leichten Rückgang der Inflationsraten in beiden Regionen aus. Das zeigen die Konjunkturtableaus von ZEW Mannheim und Börsen-Zeitung.

Die Quartalswachstumszahlen für das reale BIP in der Eurozone werden mit 0,1 Prozent für das vierte Quartal 2023 und 0,3 Prozent für das erste Quartal 2024 angegeben. Für das Jahr 2024 prognostizieren die Expertinnen und Experten im Juni einen Anstieg des BIP in Höhe von 0,7 Prozent. Die Spannweite der individuellen Wachstumserwartungen beträgt 0,7 Prozentpunkte, was auf eine recht hohe Einigkeit unter den Expertinnen und Experten hindeutet. Für das Jahr 2025 wird ein BIP-Wachstum in Höhe von 1,5 Prozent erwartet bei einer Spannweite von 1,0 Prozentpunkten. Für beide Jahre sind die Medianerwartungen somit identisch zu den Werten aus Mai während die Spannweiten um jeweils 0,1 Prozentpunkte sinken.

Hohe Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger EZB-Zinsentscheidungen

Auf Sicht des gesamten Jahres 2024 erwarten die Volkswirte Inflationsraten in Höhe von 2,4 Prozent für Deutschland.

Die Erwartungen an die kurzfristigen Zinsen in drei Monaten sind um 0,1 Prozentpunkte auf einen neuen Wert von 3,4 Punkten gestiegen. Die Erwartung an die Zinsen in einem Jahr liegt mit 2,8 Punkten ebenfalls um 0,1 Prozentpunkte über dem Wert von Mai. Es ist denkbar, dass die gestiegenen Erwartungen mit den Signalen der EZB zusammenhängen, sich mit weiteren Zinssenkungen Zeit lassen zu wollen. Mit dieser vorsichtigen Haltung folgt die EZB dem Beispiel der US-Notenbank, die bisher noch gar keine Zinsänderungen vorgenommen hat. Die hohe Unsicherheit unter den Befragten hinsichtlich der weiteren Zinsentscheidungen durch die EZB zeigt sich in den relativ breiten Spannweiten der Erwartungen in Höhe von 0,9 bzw. 2,3 Prozentpunkten. Diese Werte sind, bezogen auf den relativ kurzen Prognosehorizont, vergleichsweise hoch.

Inflationsraten steigen leicht

Die Inflationsraten in der Eurozone und in Deutschland sind im Mai leicht gestiegen. Konkret lagen die vorläufigen Inflationsraten für Mai mit 2,6 Prozent (Eurogebiet) bzw.  2,4 Prozent (Deutschland) um jeweils 0,2 Prozentpunkte über den Werten aus Mai. Das Zögern der EZB bezüglich weiterer Zinsschritte hängt vermutlich auch mit den gestiegenen Teuerungsraten zusammen. Auf Sicht des gesamten Jahres 2024 erwarten die Expertinnen und Experten Inflationsraten in Höhe von je 2,4 Prozent für die Eurozone (unverändert gegenüber Mai) und Deutschland (minus 0,1 Prozentpunkte gegenüber Mai). Verglichen mit den Wachstums- und Zinserwartungen deuten die Spannweiten der Inflationserwartungen für 2024 mit Werten von 0,4 (Eurozone) bzw. 0,6 (Deutschland) Prozentpunkten dennoch auf eine vergleichsweise große Einigkeit unter den Expertinnen und Experten hin. Die prognostizierten Inflationsraten für das Jahr 2025 betragen 2,1 Prozent (Eurozone; minus 0,1 Prozentpunkte gegenüber Mai) bzw. 2,1 Prozent (Deutschland; minus 0,1 Prozentpunkte gegenüber Mai). Die dazugehörigen Spannweiten deuten mit Werten von 0,8 (Eurogebiet) bzw. 1,1 (Deutschland) Prozentpunkten auf eine gewisse Uneinigkeit bezüglich der Inflationsdynamik im Jahr 2025 hin.

Optimistischeres Wachstum für Deutschland in 2024

Die Quartalswachstumszahlen für Deutschland betragen minus 0,5 Prozent im vierten Quartal 2023 und 0,2 Prozent im ersten Quartal 2024. Die Wachstumserwartungen für das Jahr 2024 sind im Vergleich zum Vormonat etwas optimistischer geworden. Die Expertinnen und Experten erhöhen ihre Prognose für das Jahr 2024 um 0,1 Prozentpunkte auf einen Wert von 0,2 Prozent. Für das Jahr 2025 wird hingegen wie schon im Mai ein Wirtschaftswachstum in Höhe von 1,2 Prozent prognostiziert. Die Spannweiten der Erwartungen für 2024 und 2025 liegen bei 0,9 (minus 0,3 Prozentpunkte gegenüber Mai) bzw. 1,1 Prozentpunkten (minus 0,1 Prozentpunkte gegenüber Mai). Somit lässt sich eine steigende Einigkeit unter den Expertinnen und Experten bezüglich des Wachstumsausblicks für Deutschland feststellen.

Konjunkturtableaus von ZEW und Börsen-Zeitung

In Kooperation mit der Börsen-Zeitung veröffentlicht das ZEW seit dem Jahr 2013 monatlich Konjunkturtableaus für Deutschland und die Eurozone mit volkswirtschaftlichen Kennzahlen und Prognosen. Zahlreiche Banken und Institute veröffentlichen in unterschiedlichen Abständen Berichte über die aktuelle und voraussichtliche wirtschaftliche Lage. Aus diesen Publikationen werden die für das Tableau relevanten Informationen herausgefiltert und der Median, das Minimum und das Maximum aus den Prognosen für das jeweils laufende und dessen Folgejahr berechnet.

Die monatlich veröffentlichten Konjunkturtableaus zeigen die aktuellen Prognosen für das Bruttoinlandsprodukt (BIP), die Verwendungskomponenten des BIP, Verbraucherpreise, Industrieproduktion, Arbeitslosenquote und lang- und kurzfristige Zinsen sowie Zinsdifferenzen. Der Fokus liegt auf nationalen Informationsquellen, allerdings ergänzen die Prognosen einiger internationaler Banken und Institute die Datenbasis des Tableaus. Das Tableau für den Euroraum wird zudem noch mit Daten von europäischen Banken und Instituten erweitert.