Wo lohnt es sich aus steuerlicher Sicht zu investieren? "Hohes Steuerbelastungsgefälle in Asien – Hinsehen zahlt sich aus"

Nachgefragt

Eine aktuelle Studie von PricewaterhouseCoopers (PwC), Universität Mannheim, ZEW und Universität Oxford untersucht die Steuerbelastung deutscher Direktinvestitionen im asiatisch-pazifischen Raum, Indien und Russland. Katharina Finke, für die Studie verantwortliche Wissenschaftlerin am ZEW, zeigt auf, dass längst nicht alle untersuchten Standorte für deutsche Investoren steuerlich attraktiv sind und ausländische Investitionen in vielen untersuchten Ländern höher belastet werden als vergleichbare Engagements in Deutschland.

Katharina Finke ist als wissenschaftliche Mitarbeiterin im ZEW-Forschungsbereich "Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft" tätig. Ihre Arbeitsschwerpunkte liegen auf der Evaluation von Steuerreformen sowie auf internationalen Steuerbelastungsvergleichen. Im Rahmen ihrer Dissertation beschäftigt sie sich mit der Steuerwirkungsanalyse nationaler und internationaler Besteuerungskonzepte in der Europäischen Union auf Basis des Mikrosimulationsmodells ZEW TaxCoMM.

Der Studie zufolge sind Hongkong und Singapur unter steuerlichen Gesichtspunkten die besten Standorte für Investitionen – warum?
Finke: In Hongkong und Singapur unterliegen die Direktinvestitionen deutscher Investoren im Schnitt einer effektiven Steuerbelastung von lediglich 11,8 Prozent beziehungsweise 17,3 Prozent. Das ist im Vergleich zu vielen anderen Ländern im asiatisch-pazifischen Raum, aber auch im Vergleich zu Deutschland sehr niedrig. In Deutschland würde eine vergleichbare Investition mit 28,1 Prozent besteuert, in Japan und Indien sogar mit über 40 Prozent. Dass Hongkong und Singapur steuerlich so attraktiv sind, ist auf eine niedrige Ertragssteuerbelastung der dort erwirtschafteten Gewinne zurückzuführen. Hongkong bietet zudem sehr großzügige Abschreibungsvorschriften, die die steuerliche Bemessungsgrundlage vermindern. Im Gegensatz zu den meisten Staaten im asiatisch-pazifischen Raum erheben Hongkong und Singapur außerdem keine Quellensteuern auf Dividenden, die an eine Muttergesellschaft in Deutschland fließen.

Wie ist das deutliche Steuerbelastungsgefälle zwischen den untersuchten Staaten zu erklären?
Finke: Im Mittelfeld liegen Staaten wie etwa Malaysia, Vietnam und Russland, die eine effektive Steuerbelastung zwischen 23 und 29 Prozent aufweisen. Dann folgt eine Reihe von Staaten mit einer Effektivsteuerbelastung von über 30 Prozent. Hierzu gehören etwa China und Thailand. Indien und Japan bilden mit über 40 Prozent das Schlusslicht. Diese deutlichen Unterschiede in der effektiven Steuerbelastung kommen zustande, weil sich die jeweiligen Steuersysteme im Hinblick auf die Höhe der Ertragssteuersätze, den Umfang der Bemessungsgrundlage, die Erhebung von Vermögenssteuern und die Erhebung von Quellensteuern auf Dividenden und Zinsen unterscheiden.

Wo liegt Europa im globalen Steuerwettbewerb?
Finke: In den meisten osteuropäischen Ländern aber auch in Irland und Zypern liegt die Steuerbelastung auf ähnlich niedrigem Niveau wie in Hongkong und Singapur. Das Steuerbelastungsgefälle zwischen höchster und niedrigster Belastung ist jedoch deutlich weniger stark ausgeprägt. Selbst Frankreich, das innerhalb Europas die höchste effektive Steuerbelastung aufweist, unterschreitet die Belastung Japans und Indiens deutlich.

Die Studie zeigt, dass Deutschland unter steuerlichen Gesichtspunkten attraktiver ist als China. Können deutsche Unternehmen getrost im eigenen Land bleiben?
Finke: Durch die Unternehmensteuerreform des Jahres 2008 und die damit verbundene Absenkung des Körperschaftsteuersatzes von 25 auf 15 Prozent konnte die steuerliche Standortattraktivität Deutschlands verbessert werden. Im europäischen Steuerwettbewerb, aber auch in Bezug auf Standorte im asiatisch-pazifischen Raum, Indien oder Russland, stärkte Deutschland seine Position dadurch deutlich. Die Anreize für steuermotivierte Standortverlagerungen schwächten sich somit ab. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, dass neben den steuerlichen Rahmenbedingungen die Attraktivität eines Landes für Investitionen von mehreren Einflussgrößen abhängt. Zu denken ist dabei beispielsweise an neue Absatzchancen, die Beschaffenheit der Infrastruktur, die Ausstattung mit wichtigen Ressourcen oder der Aspekt der Rechtssicherheit.