Workshop von ZEW und SFB 884 nimmt öffentliche Meinung in den Fokus

Workshop

Prof. Stefanie Stantcheva referierte zu öffentlichen Wahrnehmungsproblemen in der Migrationsdebatte und die Auswirkungen auf die Meinungsbildung in modernen Wohlfahrtsstaaten.

Das ZEW organisierte gemeinsam mit dem Mannheimer Sonderforschungsbereich „Die Politische Ökonomie von Reformen“ (SFB 884) am 17. und 18. Dezember 2018 den Workshop „Understanding Policy Preferences Using Experimental Methods“. Die Veranstaltung brachte etwa 40 internationale Wissenschaftler/innen aus unterschiedlichen Bereichen der empirischen Sozialwissenschaften zusammen, um über experimentelle Methoden zur Untersuchung politischer Präferenz- und Meinungsbildung zu diskutieren.

Zahlreiche Vorträge von Wissenschaftler/innen aus Ökonomie, Politologie und Soziologie zeigten während des Workshops, dass die Bereitstellung von Informationen das Problembewusstsein und die öffentliche Meinungsbildung maßgeblich beeinflussen kann. Diesem Umstand kommt große Bedeutung zu, da Wählerinnen und Wähler oftmals zu wenig über die Themen informiert sind, zu denen sie im Rahmen demokratischer Prozesse Entscheidungen treffen sollen.

Meinungsbildung am Beispiel Migration

Teilnehmende des Workshops von ZEW und SFB 884 zu öffentlicher Meinung.

Die Hauptrednerin Stefanie Stantcheva, Professorin für Volkswirtschaftslehre an der Harvard University, behandelte in ihrem Vortrag das Thema Immigration und Umverteilung. Ihre jüngste Forschungsarbeit zu diesem Thema nutzt Informationen aus einem groß angelegten Umfrage-Experiment mit mehr als zwanzigtausend Teilnehmenden aus sechs Ländern. Stantcheva stellt fest, dass substantielle Fehlwahrnehmungen über Migranten/-innen vorherrschen. Einerseits wird die Anzahl der Zugewanderten überschätzt. Andererseits werden Eingewanderte in der Regel falsch wahrgenommen, sie werden nämlich häufig als wirtschaftlich schwächer oder kulturell und religiös verschiedener von der heimischen Bevölkerung empfunden, als sie es tatsächlich sind. All dies trägt zur negativen Besetzung des Themas bei und führt dazu, dass selbst das reine Nachdenken über Immigration im Laufe des Experiments dazu führt, dass Befragte Umverteilung deutlich weniger unterstützen. Auch die zufällige Bereitstellung korrekter Informationen zu Einwanderungszahlen und zur tatsächlichen Zusammensetzung der Herkunftsländer im Verlauf der Befragung oder eine im Experiment eingestreute emotionale Anekdote über eine hart arbeitende Einwanderin kann diese negativen Einstellungen der befragten Personen während des Experiments nicht effektiv ändern und somit nicht für mehr Unterstützung für umverteilende Maßnahmen unter den Befragten sorgen.

ZEW und SFB 884 bieten Plattform für aktuelle Forschung zu Präferenz- und Meinungsforschung

Die weiteren Vorträge dieses interdisziplinären Workshops boten ein breites Themenspektrum, von Diskriminierung über individuelles Kooperationsverhalten und Fairness-Einstellungen bis hin zur Unterstützung von Steuerpolitik und dem institutionellen Design der Europäischen Union. Bei der Auswahl der Beiträge für den Workshop wurden explizit Einreichungen von aktuell laufenden Arbeiten, dem „work in progress“, berücksichtigt, bei denen Jungwissenschaftler/innen ihre experimentellen Designs vorstellen konnten. Zu diesem Zweck wurde auch eine Poster-Session veranstaltet. Ganz im Sinne des Sonderforschungsbereichs „Politische Ökonomie von Reformen“ zeichnete sich der Workshop durch starke Interdisziplinarität und seinen Methodenschwerpunkt bei Umfrage-Experimenten aus. Der Sonderforschungsbereich 884 ist an der Universität Mannheim angesiedelt und untersucht Hürden für politische Reformvorhaben in Wohlfahrtsstaaten. Er wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert. Die beteiligten Forscher kommen aus unterschiedlichen Disziplinen wie der VWL, Politikwissenschaft, Soziologie und Statistik. Am ZEW forschen mit dem SFB 884 affiliierte Mitarbeiter unter anderem zur politischen Ökonomie öffentlicher Haushaltspolitik.

Weitere Informationen

Kontakt