Rechtliche Auseinandersetzungen um geistiges Eigentum
Rechtliche Auseinandersetzungen um geistiges Eigentum
Patente werden zunehmend als strategisches Instrument im Wettbewerb genutzt. Der Signalcharakter von Patenten als Zeichen hoher Innovationskraftist in den letzten zehn Jahren gestiegen ebenso wie die zunehmende Bedeutung von Patenten bei der Unternehmensbewertung. Trotz dieser Veränderungin der Funktion von Patenten ist deren Durchsetzung immer noch Vorraussetzung für ihre Wirksamkeit. Das strategische Verhalten von Patentinhabernund potentiellen Verletzern ist Hauptuntersuchungsgegenstand dieses Projekts. Ein am ZEW erstellte Datensatz beschreibt Patentverletzungsprozesse, für die in den Jahren 1993-1995 Klage eingereicht wurde. Die Deskriptionzeigt, dass sich in den letzten 20 Jahren die Anzahl der gerichtlichen Auseinandersetzungen an diesen beiden Landgerichten mit 715 mehr alsverdoppelt hat. Vor allem deutsche Kapitalgesellschaften stehen sich als Parteien gegenüber. Fast die Hälfte der umstrittenen Patente wird demMaschinenbau zugeordnet. Dies kann zum einen an der hohen Anzahl der auf diesem Gebiet per se angemeldeten Patente liegen oder daran, dass manhier Verletzungen sehr gut nachweisen kann. Aus der chemischen oder pharmazeutischen Industrie stammen nur etwa 14 Prozent der umstrittenenPatente bzw. Gebrauchsmuster.Zunächst wurde analysiert, ob sich die Charakteristika der Patente, die in Verletzungsprozesse involviert sind, von denen unterscheiden, dienicht Gegenstand eines Prozesses waren. Dazu wurde den in Verletzungsprozessen umstrittenen Patenten einen Kontrollgruppe nicht umstrittenerPatente aus den gleichen Technologieklassen und Anmeldejahren gegenüber gestellt. Es konnte gezeigt werden, dass hochwertige Patente eine höhereWahrscheinlichkeit für Verletzungsprozesse haben als ein durchschnittlich wertvolles Patent. Evaluiert wurde der Wert anhand von Wertkorrelaten,die in ihrer Gesamtheit eine Wertgewichtung einer patentierten Innovation gegenüber anderen Patenten erlaubt. Zu diesen Wertkorrelaten gehörendie Anzahl der Zitate in späteren Patentanmeldungen (Forwärts-Zitationen), die Anzahl der in der betrachteten Patentschrift enthaltenen Zitate(Rückwärts-Zitationen), die Anzahl der Ansprüche und die Größe der Patentfamilie. Ist gegen eine Patenterteilung schon einmal Einspruch erhobenworden, ist die Wahrscheinlichkeit für einen Patentverletzungsprozess, alle anderen Faktoren konstant, signifikant größer als ohne Einspruch. DieCharakteristika der Patentinhaber spielen eine ebenso große Rolle für die Prozesswahrscheinlichkeit. Dabei hat sich gezeigt, dass Firmen, die eingroßes Patentportfolio besitzen, eher seltener Verletzungsklagen einreichen, als Patentinhaber mit kleinem Portfolio. Das kann zum einen durcheine größere Erfahrung in der Aushandlung von Lizenzvereinbarungen herrühren oder durch das höhere Verhandlungspotential, das durch das großePortfolio auch in anderen Auseinandersetzungen zum Tragen kommt.Im Verlauf des Patentverletzungsprozesses hängt die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Parteien einigen nicht mehr von den Patentcharakteristikenab. Alle Informationen darüber wurden in den Verhandlungen vor dem Prozess schon berücksichtigt. Für das Zustandekommen von Vergleichen spielendie Größenverhältnisse eine wichtige Rolle. Die Parteien nutzen ihre relative Verhandlungsmacht nochmals strategisch aus, um eine Einigung zuerzielen. Aus spieltheoretischen Gesichtspunkten können neue Informationen oder strategische Aspekte auftreten, die eine Verzögerung vonaußergerichtlichen oder gerichtlichen Einigungen verursachen. Es konnte gezeigt werden, dass eingereichte Nichtigkeitsverfahren durch den Beklagten zu einer erhöhten Einigungsneigung führen. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass sich das Einigungsverhalten an den beidenuntersuchten Gerichten erheblich unterscheidet. Am Mannheimer Landgericht hat eine vorangegangene Streitigkeit um das Patent, Einspruch gegen dieErteilung, einen negativen Einfluss auf die Einigungswahrscheinlichkeit vor Gericht.