Arbeitsmarktpolitik: Trotz Milliardenaufwand wenig Erfolg

Forschung

Traditionelle Instrumente der Aktiven Arbeitsmarktpolitik, wie Arbeitsbeschaffungs- und durch die Arbeitsämter geförderte Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose zum Zweck der Wiedereingliederung der Teilnehmer in eine nachfolgende Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt sind weitgehend wirkungslos.

Traditionelle Instrumente der aktiven Arbeitsmarktpolitik, wie Arbeitsbeschaffungs- und durch die Arbeitsämter geförderte Weiterbildungsmaßnahmen für Arbeitslose zum Zwecke der Wiedereingliederung der Teilnehmer in eine nachfolgende Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt sind weitgehend wirkungslos. In vielen Fällen zeigt sich sogar, dass Arbeitslose eine höhere Wiederbeschäftigungschance haben, wenn sie nicht an einer der genannten Maßnahmen teilnehmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim für das Bundesministerium der Finanzen. Trotz ihrer Ineffektivität wurden allein in 1999 wieder mehr als 21 Milliarden DM für Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) und Weiterbildung ausgegeben.

Ob und inwieweit die geringe Effektivität von Weiterbildungsmaßnahmen auf unzureichende Lerninhalte zurückzuführen ist, kann aufgrund der Datenlage in Deutschland, mit der meist nur durchschnittliche Aussagen für alle Teilnehmer und Kurse möglich sind, nicht bewertet werden. Aus den Erfahrungen von Studien anderer Länder lässt sich aber ableiten, dass von Weiterbildungsmaßnahmen Frauen eher als Männer profitieren und Kurzzeitarbeitslose eher als Langzeitarbeitslose. Auch für arbeitslose Jugendliche scheinen Qualifizierungsmaßnahmen oftmals wirkungslos zu sein. Positive Effekte zeigen sich für die jugendlichen Teilnehmer meist nur dann, wenn die Maßnahmen über Sanktions- und Kontrollmechanismen zusätzliche Anreize zur Aufnahme einer regulären Ausbildung oder Beschäftigung setzen.

Von der Teilnahme an ABM können meist nur Personen mit sehr geringen Wiederbeschäftigungschancen eine Verbesserung ihrer zukünftigen Arbeitsmarktsituation erwarten. Arbeitslose mit überdurchschnittlich guten Wiederbeschäftigungschancen dürften dagegen durch die Teilnahme an ABM eher eine Verschlechterung ihrer zukünftigen Beschäftigungsperspektiven erfahren. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass die Teilnahme an ABM von potenziellen Arbeitgebern als negatives Signal gewertet wird. Diese erwarten nicht, dass Arbeitslose durch die in einer ABM durchgeführten Arbeiten Fähigkeiten und Kenntnisse aufbauen, die den marktwirtschaftlichen Erfordernissen privater Unternehmen entsprechen. Außerdem deutet die empirische Evidenz darauf hin, dass die Teilnehmer während der Arbeitsbeschaffungs- und geförderten Weiterbildungsmaßnahmen weniger intensiv nach einer regulären Beschäftigung suchen. Dies führt dazu, dass die Mehrzahl der Teilnehmer nach der Beendigung der Maßnahme wieder arbeitslos ist. Durch die Teilnahme an ABM und vor der Neufassung des Arbeitsförderungsgesetzes 1998 auch durch die Teilnahme an geförderten Weiterbildungsmaßnahmen können Arbeitslose ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld erneuern. Dies dürfte die Anreize zur zügigen Aufnahme einer regulären Beschäftigung und die Suchanstrengungen der Teilnehmer schmälern. Daraus können sich sogenannte Drehtüreffekte ergeben: Nach der Teilnahme an der ABM folgt eine erneute Phase der Arbeitslosigkeit, bis wiederum die Berechtigung zur wiederholten Teilnahme vorliegt.

Die Wiederbeschäftigungseffekte bei weniger umfangreichen Programmen wie dem Überbrückungsgeld, der Förderung von Existenzgründungen durch Arbeitslose, und der so genannten gemeinnützigen Arbeitnehmerüberlassung, einer Form der Leiharbeit mit der Zielsetzung der Wiedereingliederung in
reguläre Beschäftigung, sind dagegen eher positiv. Bei den Geförderten bzw. Teilnehmern an diesen Maßnahmen erhöht sich im Vergleich zu Arbeitslosen die Wahrscheinlichkeit, eine Beschäftigung zu finden.
Die negative Bewertung von ABM und geförderter Weiterbildung auf der Ebene der individuellen Teilnehmer wird noch dadurch verschärft, dass negative indirekte Effekte auf andere Beschäftigte zu erwarten sind. Beispielsweise kann es aufgrund der von ABM induzierten Wettbewerbsverzerrungen auf Gütermärkten und der Umschichtung öffentlicher Mittel zu einer Verdrängung regulärer Beschäftigungsverhältnisse in anderen Bereichen der Volkswirtschaft kommen. So zeigt sich in der Analyse des ZEW zur Wirkung der aktiven Arbeitsmarktpolitik in den neunziger Jahren, die diese indirekten Effekte auf regionaler Ebene berücksichtigt, dass ABM sowohl in West- als auch in Ostdeutschland die Arbeitslosigkeit sogar erhöht hat. Aber auch geförderte Weiterbildungsmaßnahmen haben eher zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit geführt.

Ansprechpartner

Prof. Dr. Tobias Hagen, E-Mail: hagen@zew.de

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