Bildungsföderalismus: Politiker sorgen sich zu sehr um Reputation
ForschungZEW-Experiment zur Qualität von politischen Entscheidungen
Woran scheitert der deutsche Bildungsföderalismus? Forschende des ZEW Mannheim, des Ludwig Erhard ifo Zentrums für Soziale Marktwirtschaft und Institutionenökonomik in Fürth, der Technischen Universität München und des ifo Instituts in München gehen der Frage nach besseren politischen Entscheidungen anhand eines Experiments mit Bürger/innen und Politiker/innen nach. Dazu wurden über 10.000 Personen und alle Landtagsabgeordneten zur Qualität von Bildungspolitik in ihrem Bundesland befragt. Die Studie zeigt auf, dass transparente Informationen zu Bildungsleistungen bei Politiker/innen aus leistungsstärkeren Bundesländern auf eine hohe Zustimmung treffen während sie insbesondere bei Politiker/innen aus leistungsschwächeren Bundesländern auf wenig Gegenliebe stoßen.
„Die Ergebnisse legen nahe, dass Politiker/innen aus Sorge vor einer negativen Reputation mehr Transparenz ablehnen“, stellt Kooperationspartner Dr. Sebastian Blesse vom Ludwig Erhard ifo Zentrum für Soziale Marktwirtschaft und Institutionenökonomik in Fürth fest. Justus Nover, ZEW-Ökonom im Forschungsbereich „Unternehmensbesteuerung und Öffentliche Finanzwirtschaft“ und Ko-Autor der Studie ergänzt: „Ein hohes Maß an Transparenz ist notwendig, um den Erfolg von politischen Maßnahmen umfassend abbilden zu können. Das ist im deutschen Bildungsföderalismus jedoch kaum gewährleistet, folglich wird Wettbewerb zwischen den Bundesländern um die besten bildungspolitischen Ansätze aufgrund von mangelnder Transparenz verhindert“. Dabei könnte ein solcher Wettbewerb zu besseren Bildungserfolgen führen, wenn bewährte Maßnahmen von den Bundesländern gegenseitig übernommen werden. In der Realität bleiben Reformen im Interesse des Gemeinwohls jedoch häufig auf der Strecke.
Fehleinschätzungen bei Bildungserfolgen
In der Studie werden Bürger/innen und Politiker/innen befragt. Beide Gruppen haben falsche Vorstellungen über die tatsächlichen Leistungen der Schüler/innen in ihrem Bundesland. „Unser Experiment zeigt, dass transparente Informationen zu den Bildungsleistungen die Zufriedenheit mit der Bildungspolitik im eigenen Bundesland reduziert, wenn Schülerleistungen vergleichsweise schlecht sind“, erläutert Nover. „Informationen zu den Bildungsleistungen erhöhen außerdem die Unterstützung für regelmäßige Schülervergleichstests als transparenzfördernde Maßnahme.“
Beim Experiment wurden die Teilnehmer/innen in Gruppen aufgeteilt. Nach Zufallsprinzip erhielten manche Informationen zu Schülervergleichstestleistungen auf Bundeslandebene. Es wurde untersucht, ob diese Informationen das Antwortverhalten der Teilnehmer/innen beeinflussen und dadurch gemeinwohlorientierte Kompromisse wie etwa transparente und regelmäßige Schülervergleichstests auf Ebene der Bundesländer begünstigen.