Deutscher Mittelstand hinkt Gesamtwirtschaft bei Nutzung digitaler Technologien und Dienste hinterher

Forschung

Nur in elf Prozent der mittelständischen Unternehmen nutzen 91 bis 100 Prozent der festangestellten Mitarbeiter digitale Dienste.

Die Mittelständler haben zwar durchaus die Wichtigkeit der Digitalisierung im selben Maße erkannt wie die gesamte gewerbliche Wirtschaft. Allerdings zeigen sich große Diskrepanzen insbesondere hinsichtlich der Nutzung digitaler Geräte, Infrastrukturen und Dienste. Zu diesem Ergebnis kommt eine Sonderauswertung zum Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2015, die TNS Infratest und das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) gemeinsam im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) durchgeführt haben.

Während in 73 Prozent der Unternehmen in der Gesamtwirtschaft zwischen 91 und 100 Prozent der festangestellten Mitarbeiter digitale Geräte wie Computer, Tablets oder Smartphones für geschäftliche Zwecke nutzen, ist es im Mittelstand lediglich die Hälfte der Unternehmen, die solch hohe Nutzungsraten aufweist. Ähnlich ist das Verhältnis bei der Nutzung digitaler Infrastrukturen wie dem mobilen oder stationären Internet oder einem Intranet. In lediglich elf Prozent der mittelständischen Unternehmen nutzen 91 bis 100 Prozent der festangestellten Mitarbeiter digitale Dienste wie Cloud Computing. In der Gesamtwirtschaft sind es neun Prozentpunkte mehr.

Traditionsgemäß gehören große Unternehmen zu den sogenannten "'Early Adopters" neuer technologischer Trends, während Mittelständler, nicht zuletzt wegen fehlender personeller und finanzieller Ressourcen, zögerlicher sind. Oftmals erkennen sie auch nicht den Bedarf, neue Trends in den Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu nutzen. Am aktuellen Beispiel Industrie 4.0, der umfassenden Digitalisierung und Vernetzung von Produktionsprozessen, zeigen sich die Größenunterschiede sehr deutlich. Während 23 Prozent der Unternehmen mit mindestens 500 Beschäftigten bereits Industrie 4.0-Projekte durchführen oder planen, sind es bei den mittleren Unternehmen mit fünf bis 499 Beschäftigten lediglich zwischen drei und elf Prozent.

Mittelständler fordern höhere IT-Sicherheit und Breitbandausbau

Was ihre Anforderungen an die Politik betrifft, unterscheiden sich Mittelständler jedoch kaum von der gesamten Wirtschaft. Die Förderung der IT-Sicherheit und des Breitbandausbaus stehen in ihrem Forderungskatalog ganz oben. Knapp 90 Prozent der Mittelständler und über 90 Prozent der Unternehmen der Gesamtwirtschaft sehen hier politischen Handlungsbedarf. Bessere Datenschutzbedingungen werden von Mittelständlern als etwas weniger dringlich betrachtet als von der gesamten gewerblichen Wirtschaft.

"Die Ergebnisse zeigen, dass der Mittelstand bei der Digitalisierung noch deutlich mehr Nachholbedarf hat als die gewerbliche Wirtschaft insgesamt. Jedoch sind es letztlich dieselben Maßnahmen, die das Digitalisierungstempo beschleunigen können: der Ausbau der Breitbandinfrastruktur und die Verbesserung der IT-Sicherheit. Zudem zeigt sich immer wieder, dass die direkte Beratung und der Austausch zwischen Mittelständlern sehr hilfreich sind, um Digitalisierungsprojekte anzustoßen und umzusetzen. Förderinitiativen, die kleine und mittlere Unternehmen bei der konkreten Umsetzung von Digitalisierungs- und Vernetzungsprojekten unterstützen, gehen daher in die richtige Richtung", sagt Prof. Dr. Irene Bertschek, Leiterin des ZEW-Forschungsbereichs IKT.

Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2015

Der Monitoring-Report Wirtschaft DIGITAL 2015 analysiert im Auftrag des BMWi, welchen Mehrwert die Digitale Wirtschaft für Deutschland schafft und wie sich der Standort im internationalen Vergleich der führenden zehn digitalen Wirtschaftsnationen positioniert. Im vorliegenden Monitoring-Report wurde erstmals der Digitalisierungsgrad der gewerblichen Wirtschaft in Deutschland differenziert nach Branchen erhoben.

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Prof. Dr. Irene Bertschek, Telefon 0621/1235-178, E-Mail bertschek@zew.de

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